: Mit neuer KGT gegen Neonazis
■ Seiters plant „Koordinierungsgruppe“ gegen Rechts
Berlin (taz) – Innenminister Rudolf Seiters (CDU) will zur Bekämpfung des Rechtsextremismus eine neue „Koordinierungsgruppe“ aus Vertretern der Strafverfolgungsbehörden, verschiedener Ministerien und der Verfassungsschutzämter ins Leben rufen. Sie soll sich am Vorbild der „Koordinierungsgruppe Terrorismusbekämpfung“ (KGT) orientieren. Die KGT war nach dem tödlichen RAF-Anschlag auf den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank Alfred Herrhausen im November 1989 gegründet worden. Den Vorsitz der neuen Koordinierungsgruppe soll nach Seiters Vorstellungen das Bundesamt für Verfassungsschutz übernehmen.
Bestrebungen, der bestehenden KGT zusätzliche Aufgaben in der Extremismusbekämpfung zu übertragen, sind nicht neu. Bislang sind sie von einzelnen in der KGT vertretenen Behörden abgelehnt worden. Ursprünglich wurde das Gremium gegründet, um „politische Lösungen“ zur Beilegung des bewaffneten Kampfes der RAF zu entwickeln. Nach kurzer Zeit beklagten aber die Verfassungsschützer den wachsenden Einfluß des BKA und dessen Bestrebungen, die KGT zum Fahndungsinstrument umzufunktionieren. Einige Landes-Verfassungsschutzämter zogen sich deshalb aus der KGT zurück. Umstritten ist die Arbeit der KGT auch, weil durch die Zusammenarbeit der in ihr vertretenen Institutionen das verfassungsrechtlich verankerte Trennungsgebot zwischen Geheimdiensten und Strafverfolgungsbehörden unterlaufen wird.
Der Chef des Kölner Verfassungsschutzes Eckart Werthebach bezifferte gestern im Deutschlandfunk die rechtsextreme Szene mit mehr als 40.000 Personen, von denen etwa 4.500 militant seien. Bekannt sei, daß Skinheads in neonazistischen Organisationen untergekommen seien. Er sorge sich, „daß die diese Skins als militanten oder militärischen Arm mißbrauchen.“ Werthebach forderte, rechtsextremistische Organisationen zu verbieten und deren Vermögen einzuziehen. Seine Behörde sammle bereits gerichtsverwertbares Matrial für Verbote.
Auch der Leiter des jüdischen Dokumentationszentrums in Wien, Simon Wiesenthal, forderte entschieden ein Verbot neonazistischer Gruppen. Bewaffnete Gegenwehr, wie sie der Schriftsteller Ralph Giordano befürwortet, lehnte Wiesenthal ab. Gegengewalt sei nur in einer Diktatur ein geeignetes Mittel.
Die Absicht, rechtsextremistische Gruppen mit einem Verbot zu belegen, hat auch das Bündnis 90 begrüßt. Für den geschäftsführenden Ausschuß bezeichnete dies Christiane Ziller als einen „ersten Schritt gegen rechte Gewalt“. Wolfgang Gast
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