■ Zum Abgang von Erika Romberg: Mit fliegenden Fahnen
Sie hat es nicht anders gewollt. Den richtigen Moment für einen geordneten Rückzug hat die Kreuzberger Baustadträtin Erika Romberg verpaßt. Sie wollte auch gar nicht von sich aus zurücktreten und den Grünen diese Zerreißprobe ersparen. Sie zog es vor, mit fliegenden Fahnen unterzugehen. Rombergs enormes Stehvermögen ist eine Stärke, die sich schon früher gegen sie wendete, weil sie kompromißlos am einmal eingeschlagenen Kurs festhielt. Kluges Taktieren war ihre Sache nie.
Natürlich ist die Weigerung der SPD, die grüne Baustadträtin wiederzuwählen, eine Zumutung. Aber daß Romberg bei ihrer Kandidatur nicht mit einem Wort auf diese machtpolitische Konstellation einging, zeugt von völliger Verleugnung der Realität. Zugleich weist das SPD-Veto auch auf ein grünes Versäumnis hin. Spätestens als sich Romberg im vergangenen Jahr um die Kandidatur bewarb, hätte die innerparteiliche Kritik an ihrer Amtsführung auf den Tisch gehört. Doch die notwendige Debatte unterblieb.
Geradezu schäbig wurde Stadtrat Dirk Jordan abserviert. Der Pragmatiker galt in der traditionell linken Bezirksgruppe schon immer als „zu sozialdemokratisch“. Anstatt ihm eine Kandidatur gegen Franz Schulz zu ermöglichen, ließ man ihn an der Zweidrittelhürde scheitern. Daß Jordan deshalb nicht mehr für eine weitere Kandidatur zur Verfügung steht, ist konsequent. Doch die Grünen haben damit ohne Not einen erfolgreichen Schulpolitiker verloren.
Das einzig Gute an der quälenden Prozedur: Nach dem Wahlergebnis eröffnen sich neue Optionen. Statt der Kombination Bürgermeisteramt und Baustadtrat, die auf Romberg zugeschnitten war, können sie jetzt darüber nachdenken, ob sie die Reformpolitik im Schulressort preisgeben oder weiterführen wollen. Dorothee Winden
siehe Bericht Seite 22
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen