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Mit ein paar Sätzen unter die Sozialhilfe

Tennis Borussias Frauenteam unterliegt Spitzenreiter Frankfurt mit 2:8, begreift die Niederlage aber als Gewinn

Es gibt diverse Indikatoren, um den Klassenunterschied zweier Teams zu erfassen. Hilfreich ist der Blick auf die Sponsorenliste, um zu verstehen, warum der 1. FFC Frankfurt am Sonntagvormittag im Mommsenstadion als Goliath aufs Feld marschierte: Neben dem üblichen Haupt- und Trikotsponsor verzeichnet der Tabellenführer, amtierende Meister, Pokalsieger und Uefa-Cup-Sieger im Frauenfußball einen „offiziellen Trikotärmel-Partner“, einen „offiziellen Energie-Partner“ sowie über zehn andere „offizielle“ Alimentatoren.

Kleiner ist die Spendergemeinde des Aufsteigers und Tabellenvorletzten aus Charlottenburg. Der Firmenname „Ideal-Initiativ“ ziert die Leibchen der Lila-Weißen, ansonsten sind die Damen auf Einzelaktionen angewiesen. Zum Beispiel auf zwei Kartons Transfair-Kaffee einer Rösterei oder die dazugehörige Milch, die eine gewisse Renate Wahnschaffe offerierte „Die stammt von meiner Mutter, ziehen Sie’s ja nicht ins Lächerliche“, hatte dazu TeBe-Trainerin Gabriela Wahnschaffe gefrotzelt, um hinzuzufügen, dass sie sich auf „Europas beste Frauen-Mannschaft“ freue – trotz eines möglichen Debakels.

Auch nach dem Abpfiff blieb Gabriela Wahnschaffe die Freude erhalten, trotz der uncharmanten 2:8 (1:3)-Klatsche. „Es war unser bisher bestes Spiel“, fasste die Übungsleiterin das Match zusammen. Zwar schien sich bereits in Minute eins das befürchtete Fiasko anzubahnen, als Spielführerin Jessica Reichow einen Elfmeter verursachte, den Renate Lingor verwandelte. Aber dann fingen sich die Gastgeberinnen, und Jennifer Manzer erzielte in der fünfundzwanzigsten Minute den Ausgleich.

Wahnschaffes Systemumstellung schien sich auszuzahlen, zumal die Frankfurterinnen nicht über die Flügel zum Zuge kamen.Hätte TeBe-Stürmerin Antje Möhwald kurz vorm Pausenpfiff freistehend die Riesenchance beim Stand von 1:3 genutzt, wäre vielleicht eine Überraschung möglich gewesen. Doch wie so oft ging den „Veilchen-Ladies“ in den letzten 15 Minuten die Puste aus, und die Frankfurterinnen erzielten dann vier Tore. „Wir kriegen das aber trotzdem hin“, schob Keeperin Doreen Kruscha aufgrund des teilweise starken Auftritts das Abstiegsgespenst bei Seite.

Doch es wird eng für die TeBe-Damen: Das Lazarett ist mit über zehn Spielerinnen vollgestopft, nur zwölf Spiele verbleiben, um gegen den Abstieg zu punkten. Kann dieser nicht vermieden werden, spielt das Wahnschaffe-Team wieder in der Regionalliga – dann aber um den Aufstieg in die zweite Bundesliga, die zur Saison 2004/05 eingeführt werden soll. Da wird es noch schwieriger werden, Sponsoren zu finden, ganz zu schweigen, den bestehenden Bundesliga-Etat zu halten, der bei 100.000-Euro und laut Trainerin sowieso schon „unterm Sozialhilfesatz“ liegt. MARCUS VOGT

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