Mit dürftigen Kompromissen auf Du und Du: Angegriffene Ökosteuer
Berlin (taz) – Wieder einmal meldet Brüssel Bedenken an. Die im Rahmen der Ökosteuer geplante zehnjährige Befreiung für Erdgas von der Mineralölsteuer, falls es in umweltfreundlichen Gaskraftwerken verheizt wird, passt der zuständigen Abteilung im Wettbewerbskommissariat nicht: Die Befreiung sei eine Beihilfe, deshalb maximal für vier Jahre genehmigungsfähig und nur in begrenzter Höhe. Allerdings ist diese Haltung noch nicht die endgültige, abgestimmte EU-Position.
Das ist nicht das erste Mal, dass die EU-Kommission Probleme macht. Schon die ursprüngliche Ausnahmeregel für die Industrie, die eine Befreiung bestimmter Branchen vorsah, wurde in Brüssel gekippt. Damals wie heute sind die Schwierigkeiten zurückzuführen auf koalitionsinternen Kuhhandel, der oft unpraktikable Kompromisse hervorbringt.
In diesem Fall wollten die Grünen eine Benachteiligung des umweltfreundlichen Erdgases beenden: Während nämlich Uran für Atommeiler und Kohle steuerfrei sind, wird für Gas eine Mineralölsteuer fällig.
Doch die nordrhein-westfälische SPD fürchtete um das Kohleprojekt Garzweiler II: Wenn Gas und Kohle gleichberechtigt behandelt würden, lohnt es nicht mehr, dort die Erde aufzugraben. Im November schließlich einigte man sich auf einen Kompromiss: Die Befreiung des Gases von der Mineralölsteuer wird begrenzt auf sehr effektive Kraftwerke, die 57,5 Prozent der Gasenergie in Strom umwandeln – und auf eine Frist von zehn Jahren. Zum Ausgleich bekamen die Grünen eine höhere Vergütung von Solarstrom versprochen und eine Unterstützung der umweltfreundlichen Kraft-Wärme-Koppelung (KWK).
Obwohl der Einspruch aus Brüssel noch nicht definitiv ist und Umweltminister Jürgen Trittin gerade an einer Antwortung feilt, ließ es sich Wirtschaftsminister Werner Müller nicht nehmen, den Kompromiß gegenüber der Süddeutschen Zeitung als „Schnellschuss“ zu kritisieren. Sein Kalkül: Wenn der grüne Wunsch in Brüssel scheitert, können sie auch nicht auf die besondere Unterstützung der KWK pochen – schließlich war dies nur ein Tauschgeschäft gegen die Befristung der Steuerbefreiung. Lang lebe der Kuhhandel. urb
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