■ Mit der schwarzen Rille auf du und du: Vinyl in der Nische
Berlin (taz) – Die meisten Käufer von Tonträgern haben sich längst für die CD entschieden. Vor gut vierzig Jahren hatte die schwarze Vinyl- Scheibe die Schellackplatte verdrängt, nun muß sie selber der CD weichen. Im März 1983 wurde sie in den Markt eingeführt; seither ist der Siegeszug der Compact Disc nicht zu bremsen. Bei der EMI-Electrola in Köln zum Beispiel verringerte sich der Anteil der schwarzen Schallplatten innerhalb des letzten Jahres von gut 12 Prozent auf nur noch 1,7 Prozent. Während Klassikproduktionen überhaupt nicht mehr in Vinyl gepreßt werden, kommen wichtige Neuerscheinungen der U-Musik nach wie vor parallel als LP, CD und Cassette auf den Markt. Doch bei den geringen LP-Stückzahlen lohnt sich der Herstellungsaufwand nicht mehr, sodaß die Phonofirmen zunehmend dazu übergehen, ihre eigenen Presswerke stillzulegen. Die Produktion verlagert sich seither auf flexible mittelständische Firmen wie z.B. die Schallplattenfabrik Pallas in Diepholz.
Zu den Kunden von Pallas zählen neben den Phonofirmen, die ihre eigenen Anlagen geschlossen haben, vor allem Werbefirmen und ausländische Abnehmer, besonders aus Japan. In der Spezialisierung auf besondere Kundenwünsche wie limitierte Auflagen, farbige Schallplatten und Picture Discs haben die Diepholzer eine zusätzliche Marktlücke gefunden. Rolf Neumann, Geschäftsführer und Mitinhaber der Fabrik, rechnet damit, daß die Pallas in wenigen Jahren weltweit die einzige Schallplattenfabrik sein wird, die noch Vinyl-Scheiben herstellt.
Solange noch nicht jede/r einen CD-Player besitzt, werden LPs weiterhin auf dem Markt angeboten werden. Vor allem in den neuen Bundesländern ist die Ausstattung mit den entsprechenden Geräten bislang gering. Noch gibt es auch die kleine Schar der unbeirrbaren Vinylkunden, die den Sound ihrer geliebten schwarzen Schallplatte als weich und angenehm empfinden, während sie die CD wegen ihres angeblich kalten und klinisch reinen Klangs ablehnen. Gewiefte Einzelhändler in Hamburg und München spezialisieren sich bereits wieder auf diese Kundenschicht. Die Marktnische wird wohl noch eine Weile interessant für kleine und mittelständische Firmen bleiben, die dank ihrer Größe schnell und flexibel auf Marktbedürfnisse reagieren können.
Doch auch in Diepholz ist man vorausschauend genug, um sich nicht völlig auf die Produktion von Vinyl-Schallplatten festzulegen. Pallas setzt vor allem auf die Herstellung von CD-Rom, einem digitalen Speichermedium auch für das gedruckte Wort. Welche neu auf den Markt drängenden Speichersysteme in Zukunft mit der CD in Konkurrenz treten, spielt für die Diepholzer keine Rolle. Die traditionelle Schallplatten- Produktion ist davon nicht berührt. Birgit Pape-Thoma
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