KOMMENTAR: Mit der Gießkanne
■ SPD-Fraktion verteilt Wahlkampfgeschenke
Das Schöne an einer Gießkanne ist, daß unten ziemlich viel rauszukommen scheint, obwohl man oben kaum etwas reintun muß. Unter voller Ausnutzung dieses Gießkannen- Tricks hat es jetzt die SPD-Fraktion in einwöchiger Kleinarbeit hingekriegt, dem Entwurf eines reinen Rotstifthaushalts den Anschein kleiner rosa Blüten abzutrotzen. 100.000 Mark für Selbsthilfegruppen hier, 57.000 Mark für Ausländerberatung dort, 100.000 Mark für das plattdeutsche Theater in Walle und ein neuer Recyclinghof für Huchting, eine Mark pro Stunde für die Übungsleiter der Sportvereine und 700.000 Mark für die rhythmische Sportgymnastik — keinem, der sich in den vergangenen Monaten mit einem Protestplakat zu Wort meldete, wurde sein kleines feines Wahlkampfgeschenk vorenthalten.
Nur die Kindertagesstätten blieben unter dem warmen Regen aus der SPD-Gießkanne knochentrocken. Schließlich kostet das Senatsversprechen auf 90prozentige Versorgung bis 1995 auch mehr als ein paar Hunderttausender. Satte 100 Mio Mark wollte Sozialsenatorin Uhl dafür haben. Aber auf so einen heißen Stein läßt die Gießkanne lieber keinen Tropfen fallen: Sonst zischt es nur leise, und weg ist er. Dirk Asendorpf
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