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■ Mit den Ost-Strompreisen auf du und duLetzter Versuch

Berlin (taz) – Es sollte der letzte Schlichtungsversuch sein: Gestern trafen sich Vertreter der ostdeutschen Stadtwerke mit dem Stromversorger Veag. Die Stadtwerke werfen dem Energiekonzern vor, zu hohe Preise zu verlangen. Brandenburgs Wirtschaftsminister Burkhard Dreher hat daher angeboten, die Preise in seinem Hause neutral ermitteln zu lassen, um den Streit zu schlichten. Gestern verhandelten die beiden Streitparteien über die Kriterien für diese Untersuchung. Das Ergebnis lag bis Redaktionsschluß jedoch noch nicht vor.

Der Streit geht um zwei Pfennig. Soviel kostet jede Kilowattstunde Strom im Osten mehr als im Westen. Die Veag sagt, die Mehrkosten seien für die Modernisierung von Netz und Kraftwerken nötig, sowie für die – von Bund und Ländern gewünschte – Subventionierung der unwirtschaftlichen Braunkohleverstromung. Das würden die Stadtwerke vielleicht noch einsehen. Doch nach den Rechnungen ihrer Gutachter begnügt sich die Veag damit nicht. Vielmehr habe sie allein zwischen 1991 und 1995 „überhöhte Gewinne von 3,6 Milliarden Mark“ gemacht, schimpft Wolfgang Wille vom Stadtwerk Leipzig. „Der Gewinn geht eindeutig zu Lasten der ostdeutschen Wirtschaft und Arbeitsplätze.“

Mit Bilanzkniffen verstecke die Veag ihren Gewinn, urteilte bereits 1996 die Berliner LBD- Beratungsgesellschaft im Auftrag der Stadtwerke: Die Strompreise seien „willkürlich“. Nach aktualisierten Berechnungen der Stadtwerker könne die Veag den Preis um 1,8 Pfennig je Kilowattstunde senken. Die Preisaufsicht über die Stromversorger mit ihren Gebietsmonopolen hat das Bundeskartellamt. Bereits letzten Juni erklärte das Amt die Veag-Preise wegen anstehender Modernisierungen für gerechtfertigt.

Ein Rückschlag für die kommunalen Stromwerke, doch die ließen sich von ihrer Position nicht abbringen und drohten mit Prozessen. 70 der 131 Stadtwerke haben sich zur Prozeßkostengemeinschaft Strompreise Ost zusammengeschlossen. Sie planen, die 1,8 Pfennig pro Kilowattstunde von ihrer Stromrechnung eigenmächtig abzuziehen und sich dann von der Veag verklagen zu lassen. Als im Januar die Prozeßgemeinschaft Ernst machte und Stadtwerke für die Musterklagen auswählte, nahm Brandenburgs Wirtschaftsminister Dreher mit seinem Vermittlungsangebot im letzten Moment die Spannung aus dem Konflikt. Matthias Urbach

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