■ Mit den Gewinnern auf du und du: Banken sahnen ab
Berlin (taz/dpa/AP) – Ein bißchen Rezession ist noch lange kein Grund, weniger Geld zu verdienen. Während Industriemanager über die Absatzflaute klagen und Massen auf den Arbeitsmarkt entlassen, erfreuen sich ihre Berufskollegen aus dem Kreditgewerbe wachsender Gewinne: Der Jahresüberschuß aller 4.000 westdeutschen Banken und Sparkassen zusammen hat sich 1992 vor Steuern um 1,1 Milliarden DM (um vier Prozent) auf 28,4 Milliarden DM erhöht. Nach Steuern verblieb den Geldinstituten ein Gewinn von 11,5 (1991: 12,2) Milliarden DM.
Auch für das laufende Jahr rechnet die Bundesbank in ihrem gestern vorgelegten Monatsbericht mit günstigen Geschäften für die Banken. Denn für platzende Kredite und rezessionsbedingte Pleiten ist vorgesorgt: Ungewöhnlich viel Geld, 11,2 Mrd. Mark, stopften die Bankiers in die Risikovorsorge.
Den größten Gewinn brachte wie immer der Zinsüberschuß, der sich daraus ergibt, daß jede Kundin und jeder Kunde höhere Zinsen für Kredite zahlen müssen, als die Banken für Spareinlagen gewähren. Binnen Jahresfrist kletterte dieser Überschuß um zehn Prozent auf 101 Milliarden DM. Das lag – wie die Bundesbank tadelnd anmerkt – auch daran, daß die Institute die Zinssenkungen der Bundesbank für Einlagenzinsen sofort weitergaben, „während sie die Kredite nur zögerlich und abgeschwächt verbilligten“.
So lagen die Sätze für kurzfristige Darlehen Ende vergangenen Jahres noch 0,5 bis 0,75 Prozent höher als 1991, die Zinssätze für Termingelder bewegten sich aber um 0,3 Prozentpunkte niedriger.
Noch günstiger für die Banken entwickelte sich der Provisionsüberschuß. Er erhöhte sich um 14,2 Prozent auf 22,4 Milliarden DM. Dafür gebührte Bundesfinanzminister Theo Waigel zumindest ein Danktelegramm des Bankenverbandes. Denn die Zinsabschlagssteuer motivierte so viele KundInnen zum Umschichten ihrer Vermögensanlagen in Richtung Luxemburg, daß die Banken allein daraus fünf Mrd. DM an Provisionen absahnen konnten.
Wohlgefällig auch blickten die westdeutschen Konzernmütter auf ihre Töchter in Luxemburg, die 1992 gut 900 Millionen DM Gewinn nach Hause brachten. Dieser Wert bedeutet nach Feststellung der Bundesbank im Vergleich zum Vorjahr „mehr als eine Verdoppelung“. Weitere Gewinne spülten die Turbulenzen im Europäischen Währungssystem in die Geldspeicher.
Insgesamt waren 1992 im deutschen Bankgewerbe 641.000 Menschen beschäftigt, gut zwei Prozent mehr als ein Jahr zuvor. dri
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