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■ Mit dem Zentralbankchef auf du und duBlockade in Paris

York (taz) – Die EU-Finanzminister werden langsam nervös, daß der Streit um den Präsidenten der Europäischen Zentralbank nicht rechtzeitig gelöst werden könnte. Am 2. Mai entscheiden die Regierungschefs, welche Länder an der Währungsunion teilnehmen. Es wäre eine „schlimme Entwicklung“ meinte ein hoher Beamter am Rande des Finanzministertreffens in York, wenn dann der Niederländer Wim Duisenberg nicht nominiert sei.

14 der 15 EU-Regierungen halten Duisenberg für den Besten. Er leitet zur Zeit das Europäische Währungsinstitut in Frankfurt, das im Sommer zur Europäischen Zentralbank umgewandelt werden soll. Doch Frankreich hält an seinem Veto fest und schickt mit dem französischen Notenbankchef Jean- Claude Trichet einen eigenen Kandidaten ins Rennen. Präsidenten Jacques Chirac stört an Duisenberg, daß er in allen wichtigen Fragen die Position der Bundesbank vertritt.

Die Situation ist verfahren. Zwar gelten beide Herren als stramme Monetaristen, die die Inflationsbekämpfung für die einzige und wichtigste Aufgabe der Europäischen Zentralbank halten. Aber nicht nur die deutsche Regierung fürchtet, daß ein französischer Chef schon wegen seiner Nationalität an den Finanzmärkten Zweifel an der Unabhängigkeit der Bank schüren würde. Zu lange hat die französische Regierung für eine politische Kontrolle der Zentralbank gekämpft.

Außerdem sind in den Niederlanden am 6. Mai Wahlen. Die Regierung in Amsterdam kann es sich kaum leisten, kurz vorher ihren Kandidaten im Stich zu lassen. Da die Entscheidung einstimmig fallen muß, hat der Franzose keine Chance. Und ein Kompromißkandidat an der Spitze der Europäischen Zentralbank würde die Glaubwürdigkeit der Währungsunion unterspülen.

EU-Diplomaten spekulieren, ob sich Frankreich mit dem Chefposten bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) in London zufrieden geben würde. Die EBRD wurde bisher ausschließlich von Franzosen geführt, und Paris will diese Tradition fortgesetzt sehen, was die anderen EU-Länder nicht so gut finden. Die französische Regierung blockiert deshalb auch hier die Neubesetzung. Doch für Chirac und seinen Premierminister Lionel Jospin geht es längst darum, ohne Gesichtsverlust aus der Geschichte herauszukommen. Sie haben offenbar die Entschlossenheit der anderen 14 Regierungen unterschätzt. Alois Berger

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