■ Mit dem Welt-Schiffsbau auf du und du: Kähne zu Minipreisen
Berlin (taz) – Die Auftragsbücher der Werften sind voll wie seit Mitte der 70er Jahre nicht mehr. Allein beim Bremer Vulkan sind Schiffe im Wert von zehn Milliarden Mark bestellt. Aber Geld verdienen läßt sich damit dennoch nicht: Der Aufbau neuer Kapazitäten besonders in Ostasien hat in den letzten Jahren zu einem massiven Preisverfall geführt. Japan und Südkorea, die größten Schiffbaunationen der Welt, unterbieten sich gegenseitig.
Wer vor zwei Jahren ein Containerschiff gekauft hat, mußte dafür noch rund 25 Prozent mehr zahlen als heute üblich. Und ausgerechnet im besonders stark betroffenen Containerbereich liegen 56 Prozent der deutschen Werftkapazitäten.
Beschäftigten die hiesigen Schiffbauunternehmen 1992 noch 50.000 Leute, so stehen heute nur noch 36.000 auf den Lohnlisten. Ohne Zuschüsse von den SteuerzahlerInnen könnten jedoch auch sie nicht mehr weiterarbeiten. Schon 1992 schoß die Bundesregierung durch direkte Finanzhilfen oder Steuervergünstigungen im Durchschnitt 17.343 Mark im Jahr für jeden Job zu. WirtschaftswissenschaftlerInnen gehen davon aus, daß die gewährten Hilfen sogar um ein Viertel höher liegen.
Vermutlich im nächsten Sommer wird nun das OECD- Abkommen zum Abbau von Schiffbausubventionen in Kraft treten. Es soll dem ruinösen Preiskampf ein Ende setzen. Noch fehlen allerdings die Unterschriften aus den USA und Japan, während die EU und Südkorea den Vertrag schon abgesegnet haben. Nicht dabei sind China und Polen, die in den letzten Jahren ebenfalls enorme Zuwachsraten verzeichneten.
Tritt das Abkommen in Kraft, so dürfen die Regierungen in Bonn, Schwerin, Bremen, Kiel, Hannover und Hamburg den deutschen Werften nicht mehr mit Zuschüssen und Steuergeschenken helfen. 400 Millionen Mark im Jahr fehlen dann allein in den Kassen der westdeutschen Betriebe, schätzt das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in München. Viele Experten bezweifeln, daß sich die Vertragsstaaten tatsächlich an das Abkommen halten werden und nicht verdeckt ihre Werften doch unterstützen.
Unterdessen baut Südkorea seine Kapazitäten weiter aus: In den nächsten vier Jahren will das Land noch einmal Anlagen bauen, auf denen mehr als 12 Prozent der heutigen Weltjahresproduktion gefertigt werden können. Der Preisverfall wird somit weitergehen.
In Deutschland haben nur noch die Werften eine Chance, die technisch exklusive Spezialschiffe bauen. Annette Jensen
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