■ Mit dem Währungsfonds auf du und du: Rüffel für die USA
Berlin (taz/rtr) – Der Internationale Währungsfonds (IWF), großer Wächter über die weltweite Disziplin in Sachen Wirtschaftspolitik, macht gewöhnlich dann Schlagzeilen, wenn wieder einmal in irgendeinem kurz zuvor noch hoch gelobtem Schwellenland eine „Finanzkrise“ ausgebrochen ist.
In der Regel läuft das so: Die internationalen Anleger, eine höchst empfindliche Art der Gattung „Menschen, die reich werden wollen“, zweifeln plötzlich an der Rendite ihrer Aktien und ziehen ihr Kapital ab. Als typische Herdentiere reagieren sie wie andere Herden auch: Kriegt einer die Panik, rennen alle anderen blind hinterher. Trotz verzweifelter Stoppversuche der Zentralbanken purzeln die heimischen Börsenkurse. Verzweifelt schütten die Regierungen nicht selten große Teile ihrer Währungsreserven auf den Markt, um den Kurs der heimischen Währung von seiner Talfahrt abzubringen, und setzen ihre Zinsen auf astronomische Höhen – wie vergangenen Herbst in Brasilien. Millionen Menschen verlieren ihren Job und werden in die Armut getrieben.
Jetzt ist der IWF gefragt. Als freiwillige Feuerwehr in brenzligen Situationen löscht er zunächst die Stichflammen und hilft dem Land durch Sofortkredite. So kann es wenigstens seine Schulden weiterhin bedienen, damit die internationalen Anleger nicht ganz und gar verprellt werden. Dann widmet sich der Fonds dem Schwelbrand. Hier hilft nur eine Radikalkur: nämlich eiserne geld- und finanzpolitische Disziplin. Als Gegenleistung hilft der IWF mit langfristigen Krediten weiter. Und das tut er nicht aus Nächstenliebe, sondern weil das internationale Finanzsystem ein höchst sensibles Geflecht ist, bei dem darauf ankommt, dass keiner das Gleichgewicht verliert.
Doch was die Schlagzeilen gewöhnlich verschweigen: Der Fonds ermahnt die Großen und Starken genauso wie die Kleinen und Schwachen. Einmal im Jahr stattet ein IWF-Team jedem Mitgliedsland einen sogenannten Artikel-IV-Besuch ab, trifft sich mit den nationalen Währungs- und Finanzexperten und veröffentlicht anschließend einen Bericht zur aktuellen Wirtschaftslage.
So müssen sich zur Zeit auch die USA einen Rüffel von der Währungsauthorität gefallen lassen: Die amerikanische Zentralbank Fed müsse schleunigst die Zinsen erhöhen, wenn sich das anhaltende Wirtschaftswachstum in den USA nicht verlangsame. Vor allem die steigenden Löhne seien ein Warnsignal für eine drohende inflationäre Entwicklung. Zöge die Fed die monetären Zügel zu spät an, bestünde „die Gefahr eines plötzlichen und starken Rückgangs der Aktienkurse“, warnen die IWF-Direktoren. Sprich: ein Börsencrash. Dann müsste die Investorenherde wohl auf Diät gesetzt werden. Katharina Koufen
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