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Mit dem Plektrum gegen Untote

Takeuchi lässt in Wild Zero Zombies zum Rock'n'Roll-Soundtrack los  ■ Von Susie Reinhardt

Zombie-Filme sind ja eher ein alter Hut. Und Rock'n'Roll geht auch nicht unbedingt als der heißeste Scheiß dieses Herbstes durch. Kann ein B-Movie über Zombies und japanische Trash-Rocker trotzdem mehr als ein paar alte Hunde hinter dem Ofen hervorlocken? Wild Zero hat das Zeug dazu. Denn die sympathischen Helden des Films sind die japanischen Rock'n'Roller der Band Guitar Wolf. Und die kennt man nicht nur in Japan, sondern auch in den USA, seit sie Jon Spencer und die Blues Explosion auf Amerikatour begleiteten.

Hamburger Entenschwanzfrisuren-Fetischisten, die man übrigens am Gesäßtaschenportemonnaie mit der Sicherungskette erkennt, und Trashpunk-Fans kennen Guitar Wolf von ausverkauften Konzerten im Molotow. Trotz von der Decke tropfenden Schwitzwassers und qualmender Achselhöhlen hat man die drei nie ohne schwarze Lederkluft rocken sehen. Und auch nie ohne ihre Sonnenbrillen.

Nicht nur auf der Bühne, auch auf der Leinwand haben Guitar Wolf vor Wild Zero schon einige Reifen quietschen lassen. Im Kult gewordenen Film The Sore Losers über außerirdische Hippiehasser von John Michael McCarthy aus dem Jahr 1994 spielten sie die Rächer der Mittellosen. Vor der Kamera geben sich die drei Rocker noch mehr auf ihre Rolle reduziert als auf der Bühne. Guitar Wolf sind Schauspieler ohne Ausbildung und Talent. Aber weil sie sich so schamlos überzogen gebärden, werden sie auch in Wild Zero das Schmunzeln auf ihrer Seite haben: Im Fifties-Rebellen-Look geben sie glühende Konzerte, finden immer mal Zeit, ihre Haartollen ordentlich zurück zu kämmen und ihren Schlachtruf „Lock'n'Loll“ auszustoßen.

Frontmann Guitar Wolf (die Jungs nennen sich praktischerweise nach ihren Instrumenten) donnert auf einem Motorrad mit Feuer speiendem Auspuff durch die Dörfer. Weil er schnell ist und seine Gitarre als Geheimwaffe taugt, kommt er mühelos an den Zombies vorbei. Die lungern derweil auf dem High-way rum und bereiten anderen Sterblichen erhebliche Probleme: Den Waffenhändlern zum Beispiel, die es sich im Fond ihres Autos gemütlich gemacht haben.

Gerade rast das Auto noch den Highway hinunter, als ihm etwas in die Quere kommt. Das sieht fast menschlich aus, ist es aber nicht. Mit bläulichen Gesichtern tappen tumbe Biester, wie Schlafwandler mit vorgestreckten Armen, auf der Schnellstraße herum. Einer ist wohl im Badezimmer gestorben, denn er blockiert mit vorgestreckten Badelatschen die freie Fahrt der Bösewichte. Was dann passiert, ist am Besten mit zugekniffenen Augen zu ertragen: Von den Untoten aus dem Auto gezerrt, liegen die Männer am Straßenrand. Grunzend und schmatzend greifen ihnen die Zombies ins Gedärm und stillen ihren Hunger nach Blut und Innereien.

Wenn wundert es da, dass Regisseur Tetsuro Takeuchi während der Dreharbeiten einen Nervenzusammenbruch erlitten hat ... Wahrscheinlich hatte er vergessen, dass die Zombies gar nicht echt waren, sondern von Angehörigen der thailändischen Armee und ihren Familien gespielt wurden – aus Kostengründen wurde der Film in Thailand gedreht. Jedenfalls hat Takeuchi mit wenig Geld, heißer Musik (Guitar Wolf und unter anderem den Oblivians) und raffinierten Effekten einen witzigen Film mit ernster Botschaft geschnürt.

Ace ist eingefleischter Fan und folgt der Band in die entlegendsten Winkel der Region. Nun ist der Jüngling (wahnsinnig gut gespielt von Masashi Endo) mit seinem Kleinkraftrad nicht so schnell wie sein wortkarger Held. Und zudem wird das schmächtige Bürschchen Ace an einer Tankstelle von der Liebe aufgehalten. Die kommt in Gestalt des schönen Mädchens Tobio. Aber den wundersamen Wegen der Liebe ist Ace leider noch weniger gewachsen als den Zombies.

Ace ist verliebt, aber als die Sache nicht nach dem üblichen boy meets girl-Schema abläuft, kriegt er Muffensausen: Soll er, oder soll er nicht? In höchster Verzweiflung bläst er in die Hundepfeife, um Rat vom Oberwolf zu holen. Der muss erst noch eine Rechnung mit seinem pilzköpfigen Manager begleichen, der ihn in einem alten Mercedes (Heckflosse) verfolgt. Aber er lässt Ace nicht im Stich und erweist sich als Sinnstifter für die Rat suchende Jugend. Er befreit den Hilflosen aus seiner Konfusion mit einer hinreißenden Message, die hier leider nicht verraten werden darf. Nur soviel: Wild Zero ist mehr als Spaß, Splatter und Retromusik – ein Rock'n'Roll Movie für harte und zarte Gefühle.

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