■ Mit dem Klimagipfel auf du und du: Der Laderaum ist voll
Berlin (taz) – Und wieder steht der Klimaschutz auf der Tagesordnung einer internationalen Konferenz: Ab heute treffen sich Minister und Unterhändler aus 155 Staaten in Genf, um über einen völkerrechtlichen Vertrag zur Senkung der Kohlendioxidemissionen (CO2) zu verhandeln. Das Protokoll soll möglichst im kommenden Jahr beim großen Klimagipfel in Japan unterschriftsreif sein. Eigentlich war dieses Ziel schon für das Treffen 1995 in Berlin avisiert. Aber die Länder, die mit Öl und Kohle ihr Geld verdienen, verhinderten den Vertrag: Saudi-Arabien, Kuwait, die USA, Kanada, Neuseeland, Australien und Japan.
Mit Spannung erwarten die Umweltverbände jetzt, was in dem von den USA angekündigten „wegweisenden Papier“ steht. Bisher hatten die US-Vertreter immer argumentiert, es sei nicht sicher, daß der Temperaturanstieg der letzten Jahre auf menschliches Tun zurückzuführen sei. Vor kurzem aber erteilte das IPPC, das die UNO in Klimafragen berät, dieser Sichtweise eine klare Absage. Jetzt hoffen die Umweltschützer, daß die Bremserfraktion die USA als einen ihrer wichtigsten Wortführer verliert.
Forscher haben errechnet, daß für das Klima höchstens 450 Teilchen CO2 pro eine Million Luftteilchen (ppm) akzeptabel sind. Schon heute liegt die Anreicherung bei 420 bis 430 ppm. „Der Laderaum ist beinahe voll“, so Sascha Müller-Kraenner vom Deutschen Naturschutz Ring (DNR). Weil die Entwicklungsländer ihren Ausstoß mit Sicherheit erhöhen werden und bisher auch nur einen geringen Teil der Verschmutzung zu verantworten haben, müssen die Industriestaaten massive Einsparungen vornehmen. Doch bisher ist nichts dergleichen passiert: Die USA haben zwischen 1990 und 1994 ihren CO2-Ausstoß um fast fünf Prozent erhöht. Auch die EU wird bis zum Jahr 2000 etwa diesen Anteil zulegen. Die südeuropäischen Länder stellen sich selbst nämlich als Entwicklungsländer dar und bestehen darauf, mehr CO2 in die Luft blasen zu dürfen als bisher.
Der DNR fordert deshalb, daß die nordeuropäischen Länder in Genf einen EU-Vorreiterzirkel gründen und für sich verbindliche Minderungsziele stecken. Dann steht auch die Kohl-Regierung endlich in der Pflicht. Die hierzulande beschlossenen 109 Maßnahmen sind nämlich völlig unzureichend, hat auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen bestätigt. Annette Jensen
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