■ Mit bayerischen Mülldeponien auf du und du: Der DSD-Quijote
Dietershofen (taz) – Das Unterallgäu hat einige Dinge, die diesen Landkreis immer wieder über die Region hinaus ins Gespräch bringen. Es gibt die meisten (vierbeinigen) Rindviecher hier. Es gibt einen Landrat, Hermann Haisch, CSU, der in der Amigo-Affäre als Hazienda- Besucher kräftig von sich reden gemacht hat. Und es gibt mehrere Standorte für eine neue große Mülldeponie. Mal sieben, mal vier, mal sechs. Genau ist das schwer zu sagen, denn es ändert sich bald täglich.
Noch etwas gibt es im Unterallgäu, was es sonst nirgends gibt: einen besonderen Don Quijote. Er heißt hier DSD- Quijote. Und seine Braut ist nicht die Dulzinea, sondern eine Mülltonne am Waldrand. Der DSD-Quijote ist eine Holzskulptur von Benedikt Zint, Dorfkünstler von Dietershofen. Eine Art Mahnmal wider den Müll-Wahnsinn, der hier geplant ist.
Der DSD-Quijote liegt dem Landrat arg im Magen. Gerade hier draußen, im dünnbesiedelten Teil des Landkreises, so etwas! Wo doch seine CSU bei der letzten Wahl das Traumergebnis von 90 Prozent plus eingefahren hat. Und wo er doch im Böllerschützenverein sogar Ehrenoberst ist und dachte, hier würde es nie gegen Pläne aus seinem Hause ernsthaft Widerstand geben. Jetzt soll er nicht einmal mitschießen dürfen, bei der Einweihung des Walderlebnispfades, der gestern hier eröffnet wurde als Protest gegen die riesige Mülldeponie.
25 Meter hoch soll der gigantische Müllberg mitten im letzten Allgäuer Urwald werden. Denn ein Ur-Wald ist es, was da noch existiert. 21 verschiedene Baum-, 60 Vogelarten, Blindschleichen, Fledermäuse et cetera. Über 100 Jahre alte Douglasien, 130 bis 140 Jahre alten Eichen, riesige Vogelkirschbäume (mit 25 Metern genauso hoch wie der geplante Müllberg).
„Das lassen wir uns nicht zerstören, wir nicht“, beteuert mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch Dietmar Bernhart, einer aus dem kleinen Dorf, dessen bislang brave (CSU-)Wahlbürger seit einiger Zeit nach getaner Feldarbeit Protestschilder malen. Und manch einer von ihnen, die den Ehrenoberst der Böllerschützen beim Salutschießen zur Walderlebnis-Pfad- Eröffnung nicht mitschießen lassen wollen, grinst sich ins Fäustchen, wenn er die Protestrufe aus dem nahen Bad Wörishofen vernimmt.
Der CSU-Bürgermeister dort ist stinksauer auf den Partei-Amigo aus dem Landratsamt. Weil der neben Dietershofen auch noch die Gemeindeflur des wohlhabenden Kneipp- Heilbades Bad Wörishofen als möglichen Alternativstandort ins Gespräch gebracht hat. Ganz plötzlich sprechen in diesem viehreichen Landkreis stramme CSU-Mannen gar anarchistische Worte: dezentrale Lösungen suchen usw. Darauf ein Ehrensalut der Feuerschützenkompanie! Klaus Wittmann
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