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■ Mit Verlustvorträgen auf du und duBegehrte Miese

Berlin (taz) – Es geht um mehr als 250 Milliarden Mark. So viel Verlustvorträge schlummern nach Expertenschätzungen in den Bilanzen deutscher Unternehmen. Verlustvorträge, das sind Miese, die Unternehmen vor Jahren gemacht haben. Bislang dürfen Firmen solche Verluste beliebig lange vor sich herschieben und mit neuen Gewinnen verrechnen – nur was übrigbleibt, müssen sie versteuern. So kann es passieren, daß florierende Konzerne jahrelang keine Körperschaftsteuern zahlen, obwohl sie schon lange wieder kräftig verdienen.

Das soll sich nach einem Beschluß des Finanzausschusses des Bundestages ändern: Künftig dürften dann höchstens zwei Millionen Mark Verlust pro Jahr vollständig vom zu versteuernden Gewinn abgezogen werden. Höhere Vorverluste dürfen nur noch auf die Hälfte des Gewinns angerechnet werden.

Auch den Verlustrücktrag will die Koalition kappen. Bisher konnte ein Unternehmen, das am Jahresende Verlust machte, diesen mit dem Gewinn der beiden Vorjahre verrechnen und gezahlte Steuern zurückverlangen. So konnten Unternehmen bis zu 20 Millionen Mark Gewinn nachträglich steuerfrei machen – so als ob ein Angestellter einen Lohnsteuerjahresausgleich über drei Jahre machen dürfte. Künftig soll der Verlustrücktrag nur noch erlaubt sein für ein Jahr und 10 Millionen Mark.

Die Bundesregierung will so 1998 1,28 Milliarden Mark zusätzlich kassieren. Die Verlustvorträge sind einer der Gründe, warum sich zur Zeit das Körperschaftsteueraufkommen kaum erholt, obgleich die Unternehmensgewinne längst wieder nach oben schnellen.

Durch die Neuregelung würden viele Firmen nach existenzbedrohenden Krisen erneut in Zahlungsschwierigkeiten geraten, vor allem Mittelständler, klagt die Industrie. Das Bundesfinanzministerium widerspricht: Die Verlustvorträge seien genaugenommen eine Subvention. Kleine Betriebe seien durch die Zwei-Millionen- Grenze nicht betroffen.

Mit den Grenzen für den Verlustvortrag wird auch ein beliebter Mißbrauch unattraktiv: Viele marode Unternehmen wurden nur deswegen übernommen, weil mit dem Kauf auch der teilweise milliardenschwere Verlustvortrag auf den neuen Besitzer überging. Matthias Urbach

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