■ Mit Verbraucherverbänden auf du und du: Geld verdienen
Berlin (taz) – Das Finanzierungskonzept für Verbraucherverbände darf künftig nicht nur aus der Streichung öffentlicher Mittel bestehen, meint das Münchener Ifo-Institut. Die Wissenschaftler empfehlen in einer heute veröffentlichten Studie, die leeren Kassen der Verbände aufzufüllen, indem man die Verbände erstmals Gewinne machen läßt. Der Auftraggeber der Studie, das Bundeswirtschaftsministerium, solle die haushaltspolitischen Zügel locker lassen: Statt Kameralistik, die jegliche Finanzplanung über das Jahr hinaus unmöglich macht, sollen die Verbraucherverbände künftig nach kaufmännischen Kriterien wirtschaften. Und das heißt auch, Rücklagen bilden dürfen.
Die Gutachter wollen so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Denn nicht nur dem anhaltenden Finanzierungsnotstand vieler Verbraucherschutzorganisationen wäre so abzuhelfen. Der Finanzklemme waren in den vergangenen Jahren schon einige Arbeitsfelder zum Opfer gefallen.
Der Zwang, sich gut zu verkaufen, könnte zweitens die Verbände auch näher an den Verbraucher bringen.
Helga Kuhn, Sprecherin der AgV, sieht für die Stiftung Warentest gute Chancen, mit noch spärlicheren Zuwendungen vom Wirtschaftsminister überleben zu können. Sie hält sich allerdings heute schon zu 87 Prozent selbst über Wasser – vor allem durch ihr erfolgreiches Magazin.
Doch woher sollen bei der Beratung von Schuldnern und Opfern des Nepps und der Bauernfängerei solche Einnahmen sprudeln? Als Quelle denkbar wäre allenfalls eine Medien GmbH, die die Verbreitung von Verbraucherschutzbroschüren lukrativ machen könnte. Aus diesem Grund rät das Ifo-Institut auch davon ab, die Verbraucherschützer allein auf sich zu stellen. Wichtige Aufgaben könnten gewinnorientiert nicht erledigt werden.
Helga Kuhn schließt denn auch aus, daß sich die privaten Einnahmen der Verbraucherverbände in den Ländern deutlich über die acht Prozent steigern lassen, mit denen sich die Verbraucherschützer schon heute ein Zubrot verdienen.
Die Verbraucherverbände selbst hoffen, daß ihnen durch die vom Bundeswirtschaftsministerium geplante Reform feste Zuschüsse zugesprochen werden und sie für die Zukunft die Erlaubnis erhalten, Gewinne in voller Höhe einstreichen zu dürfen. Peter Hergersberg
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