■ Mit US-Atomkraft auf du und du: Wall Street schaltet ab
Washington (taz) – „Die Straße war es, die auf die Gefahren der Atomenergie aufmerksam gemacht hat“, sagt Eric Epstein von Three Mile Island Alert, „Wall Street aber wird für ihre Abschaffung sorgen.“ Denn Atomkraftwerke sind in einem deregulierten Energiemarkt, wie er in den USA in vielen Staaten herrscht, nicht mehr konkurrenzfähig. Atomkraftwerke sind nämlich nicht nur teurer als ihre Konkurrenten, die mit Gas befeuert werden. Auch bei den Wartungs- und langen Anlaufzeiten sind Gaskraftwerke wesentlich günstiger und flexibler als die Atomkraftwerke.
Nach der Beinahekatastrophe von Three Mile Island wurden in Amerika keine Reaktoren mehr in Auftrag gegeben, nur die bestellten zu Ende gebaut. In den USA gibt es noch 107 kommerzielle Reaktoren in 32 der 50 Bundesstaaten. In sechs Staaten produzieren sie mehr als 50 Prozent der Energie. Doch nach Zuwächsen von 700 beziehungsweise 140 Prozent in den siebziger und achtziger Jahren liegen diese heute unter denen der Windenergie bei nur fünf Prozent. Bei Baukosten von drei bis vier Milliarden Dollar pro AKW kostet die gebaute Kapazität 3.000 bis 4.000 Dollar pro kWh. Die gleiche Kapazität kostet bei modernen gasgefeuerten Anlagen 400 bis 600 Dollar pro kWh. Seit 1996 sind sechs amerikanische und sieben der 21 kanadischen Reaktoren abgeschaltet oder vom Netz genommen worden. Nach Prognosen des Washington International Energy Group ist damit zu rechnen, daß in den nächsten sechs Jahren ein Drittel der nordamerikanischen Reaktoren abgeschaltet wird. Die US-amerikanischen Unternehmen, die sich auf den Bau von AKWs spezialisiert haben, verlegen sich statt dessen auf den Export ihrer Produkte nach Ost- und Südostasien.
„Die Atomkraft in den USA ist tot“, sagt Eric Epstein, „jetzt geht es nur noch darum, wer für das Begräbnis aufkommt. Wir werden dafür sorgen, daß es weder die Steuerzahler noch die Konsumenten sind.“ Für ihn wird die Anti-Atom-Bewegung in den USA noch lange mit der Abschaltung des letzten AKW zu tun haben.
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