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■ Mit US-Aktien auf du und duBörse verkehrt

Aktienkurse sind ein seltsames Phänomen. Mitunter tun sie das Gegenteil von dem, was zu erwarten wäre. So auch am Mittwoch nach der Zinserhöhung der Zentralbank in den USA. Nachdem Bankchef Alan Greenspan bekanntgegeben hatte, daß die Zinsen um ein viertel Prozent heraufgesetzt würden, stiegen auch die Aktienkurse. Der Dow-Jones-Index gewann 155 Punkte und endete bei 10.970. Normalerweise sollte in dieser Situation das Gegenteil eintreten.

Wenn die Zinsen steigen, zu denen die Zentralbank Geld an andere Banken verleiht, erhöhen in der Regel auch diese die Zinsen. Das war gestern der Fall: Einige US-Großbanken setzen die Prime Rate herauf, wodurch Kredite nicht nur für VerbraucherInnen, sondern auch für Unternehmen teurer werden. Das bedeutet: Investitionen der Firmen kosten mehr, damit sinken zumindestens vorübergehend die Gewinne. Zudem würgt teureres Geld den Preisanstieg ab, der sich sonst nicht selten in Form zusätzlicher schwarzer Zahlen in den Bilanzen niederschlägt. Alles in allem: Wenn die Profite abnehmen, gibt es eigentlich keinen Grund, warum die Aktienkurse steigen sollten. Denn letztere gelten als Spiegel der Situation des Unternehmens.

Ein Paradoxon? Sprengt die Praxis die Theorie? Muß man die volkswirtschaftlichen Lehrbücher auf den Müll werfen? Die Zinsentwicklung zeigt zum einen, daß Aktienkurse zum guten Teil aus Psychologie gemacht sind. Der Börsensprung kam wie ein Aufatmen nach einem Orkan, der nicht so heftig ausfiel, wie er angekündigt worden war. Jetzt kann es weiter aufwärts gehen, scheinen die BörsenhändlerInnen zu hoffen. Außerdem, so lautet eine Erklärung, habe die Börse die bevorstehende Zinserhöhung schon vorher berücksichtigt, weshalb die Kurse sich vor der Erhöhung verhaltener entwickelt hätten.

Auf der realen Ebene deutet der Kurssprung trotz teurerem Geld darauf, daß die HändlerInnen der US-Wirtschaft einiges zutrauen. Die Konjunktur ist stabil, man schätzt, daß die Unternehmen auch in den kommenden Monaten gute Umsätze erwirtschaften werden. So gute, daß die Mehreinnahmen die zusätzlichen Ausgaben infolge teurer Kredite durchaus übersteigen könnten. Hannes Koch

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