■ Mit Steuersparern auf du und du: Sandburgen im Osten
Berlin (taz) – Wenn der Bundestag am Freitag das Jahressteuergesetz verabschiedet, bekommt auch die Verlängerung des Fördergebietsgesetzes parlamentarischen Segen. Freuen wird das die Banken, Besserverdienenden und Projektmanager, die in Ostdeutschland völlig überteuerte Glaspaläste und Wohnungen bauen lassen. „Die mit dem Fördergebietsgesetz finanzierten Objekte sind oft wirtschaftlich unsolide kalkuliert und drehen der ostdeutschen Konkurrenz die Luft ab“, urteilt die wohnungspolitische Sprecherin der Bündnisgrünen im Bundestag, Franziska Eichstädt. Der Aufschwung Ost sei auf Sand gebaut, das Gesetz verhindere die Bildung mittelständischer Strukturen in der Ex- DDR.
Das Fördergebietsgesetz läuft so: Ein Zahnarzt oder Rechtsanwalt will Theo Waigel möglichst wenig Steuern zukommen lassen. Er investiert deshalb in Ostdeutschland in irgendein Projekt und konnte dafür bisher innerhalb der ersten fünf Jahre 50 Prozent und anschließend je 10 Prozent des Betrags im Jahr abschreiben. Im Klartext heißt das, daß der Finanzminister bei Spitzenverdienern etwa die Hälfte des investierten Geldes eingebüßt hat. Künftig soll der Prozentsatz zwar gesenkt werden, am Prinzip ändert das nichts.
Weil die Zahnwälte keine Lust haben, sich vor Ort um die Finanzanlage zu kümmern, nehmen ihnen Projektentwickler die Arbeit und das Geld ab. Häufig sind derart erstellte Wohnblocks und Einkaufspassagen 30 bis 50 Prozent teurer als üblich – schließlich wollen Grundstückshändler, Steuerberater und die zwischenfinanzierenden Banken mitkassieren. Das interessiert die Investoren aber wenig, denn ihnen geht es nicht so sehr um den künftigen Besitz als um die Steuerersparnis.
Die Bündnisgrünen haben einen sehr realpolitischen Alternativvorschlag erarbeitet. Um Geld für neue Wohnungen loszueisen, wollen auch sie die Gutverdiener mit Steuervorteilen locken. Allerdings soll das Geld über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gehen, die dann zinsgünstige Darlehen für förderungswürdige Objekte vergibt. Auf diese Weise könnten auch ostdeutsche Kreditnehmer zu Besitz kommen. Alle Investoren werden außerdem darauf achten, daß die Kosten niedrig bleiben. Gegen den Vorschlag dürften vor allem die Projektmanager sein. Und auch die Banken haben kein Interesse daran, ihre locker kalkulierenden Kunden zu verlieren. Annette Jensen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen