■ Mit Steuer & Korruption auf du und du: Schluß mit Absetzen
Berlin (taz) – Als der Bundesrat gestern die Steuerreform verabschiedete, setzte er auch einen Schlußstrich unter die Möglichkeit, Schmiergelder von der Steuer abzusetzen. „Unsere jahrelange Lobbyarbeit hat schließlich Erfolg gehabt“, freut sich Carel Mohn von Transparency International (TI), einem Verband, der weltweit gegen Korruption vorgeht.
Wer Beamte schmierte, konnte die Kosten bis 1996 als „nützliche Aufwendungen“ von der Steuer absetzen. Das war völlig ungefährlich für alle Beteiligten: Das Steuergeheimnis schützte vor Indiskretionen eifriger Finanzbeamter gegenüber dem Staatsanwalt. Immerhin war Korruption im Inland schon damals verboten. Ausländische Entscheidungsträger zu schmieren war dagegen hierzulande legal.
Die alte Bundesregierung rechtfertigte diese Praxis: In vielen Ländern sei Bestechung so verbreitet, daß ohne sie kein Geschäft zu machen sei. Doch es gab mit Ausnahme Hollands in keinem der 29 OECD-Ländern eine so großzügige Steuerregelungen wie hierzulande.
Im Jahr 1996 sah sich die Regierung Kohl genötigt, erste Schritte zu unternehmen: Zum einen protestierte die OECD gegen die deutsche Regelung, zum zweiten war sie dank Transparency International mittlerweile einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden und löste Empörung aus. Doch das Jahressteuergesetz 96 war eher Kosmetik: Nach wie vor konnte man Schmiergeld absetzen, solange es deswegen keine Verurteilung gab.
Deutsche Wirtschaftsbosse waren es, die dann zusammen mit TI die Abschaffung der Steuerabschreibbarkeit vorantrieben – aus Furcht vor Imageverlust. Manager von Daimler, Bosch, Siemens, ABB und andere schrieben einen offenen Brief an die OECD.
Als dann die neue rot-grüne Bundesregierung ans Ruder kam, schien eine Reform klar: Schließlich hatten beide Parteien immer eine Abschaffung der Absetzbarkeit gefordert. Doch davon war im Herbst 1998 keine Rede mehr. In der ersten Liste der zu stopfenden Steuerschlupflöcher fehlten Schmiergelder. Doch schließlich wurde die steuerliche Begünstigung gestrichen. Und vor allem Ingrid Matthäus-Meier soll laut TI verhindert haben, daß Finanzbeamte gegenüber dem Staatsanwalt nicht mehr schweigen müssen.
Am 15. Februar trat hierzulande dann auch endlich die Regelung in Kraft, die die OECD- Länder vereinbart hatten: Jetzt ist Korruption nicht nur im In-, sondern auch im Ausland strafbar. Und seit gestern auch nicht mehr absetzbar. Annette Jensen
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