■ Mit Shell-Managern auf du und du: Danke, Greenpeace!
Berlin (taz) – „Früher bin ich nicht gern aufgestanden – inzwischen freue ich mich jeden Morgen auf die Arbeit.“ Das sagt heute ein führender Manager der britischen Shell. „Früher“, das war vor Brent Spar, vor der Niederlage gegen Greenpeace – dem „Erdbeben“, wie es einige bei Shell nennen, eher die aus den höheren Etagen als unser arbeitsfreudiger Manager.
Ja, Shell hat seine Lektion gelernt. Und das hat eine andere Bedeutung, als wenn man zum Beispiel sagt, die SPD hat etwas gelernt. Da wird nicht einfach nur ein Medientyp ins Rampenlicht geschoben, der Rest schweigt – und sonst ändert sich nix. Da werden Managementpläne aufgestellt und Gehaltsprämien an die Einhaltung derselben geknüpft. So kriegt ein Shell-Bohrinselarbeiter an der Nordsee sein 13. Gehalt, nicht weil Weihnachten ist, sondern weil er die neuen Planziele erfüllt. Immerhin ein Viertel seiner Prämie orientiert sich an seiner Leistung für den Umweltschutz, daran etwa, ob er den Anteil Shells an den 5.500 Tonnen Öl, die jährlich von allen Konzernen beim Ölpumpen in die Nordsee entweichen, wirklich wie geplant verringert. Ein transnationaler Konzern ist gründlich, da wird auch auf Ölplattformen der Müll getrennt.
Okay, nobody is perfect, manche Maßnahmen ähneln schlechtem Wahlkampf: etwa die Plakate. Die zeigen ein Baby mit einem Luftballon, der verdächtig wie die Erde aussieht: „Die nächste Generation – unser Ansporn Nummer 1! Denke grün.“ Und das ginge den Arbeitern am Po vorbei – wenn die Plakate nicht so häßlich wären.
Vor dem „Erdbeben“, erzählt unser Manager, wurde von oben nach unten durchregiert, herrschte auch intern die Arroganz, die Shell in die Medienfalle laufen ließ. Nun ist plötzlich auch innerhalb der Konzernhierarchie Mitdenken und Eigenverantwortlichkeit gefragt, dürfen die Shell-Leute Sätze von ihrem Konzernchef Cor Herkströter hören wie: „Profit und Prinzipien müssen sich nicht ausschließen.“
Das alles verdanken sie auch Greenpeace. Nur, so richtig gut ist kaum einer auf die Ökokämpen zu sprechen. Nach ein, zwei Bier hört man die „Privatmeinung“: Ein übler Haufen, diese Greenpeacler. Manch einer von der britischen Shell spricht gar von einem „faschistischen Haufen ohne jede Legitimation“. Der Ärger über die Niederlage sitzt eben so tief wie die Stützpfeiler einer Nordseeplattform.
Nur unser arbeitsfreudiger Topmanager vom Anfang sagt es ganz deutlich, „Ja, wir müssen Greenpeace dankbar sein.“ Also danke, Greenpeace, auch wenn dein größter Erfolg bei Shell von außen unsichtbar ist. Und wir natürlich weiter Shell auf die Finger schauen. Sicher ist sicher. Matthias Urbach
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