■ Mit Scharpings Gehirnen auf du und du: 30 Bosse für die SPD
Berlin (taz) – Der alten Tante SPD ging es zwar schon schlechter, aber das Image der Bundespartei kann ein kleines Lifting gebrauchen. Deshalb gehen die Sozis die langjährige Domäne der derzeitigen Regierungskoalition an, die Wirtschaftspolitik. Ein „ausgewählter Kreis von Persönlichkeiten“ soll in einem „Forum Wirtschaft“ den Vorsitzenden Rudolf Scharping beraten. Dreimal pro Jahr sollen sich 30 ExpertInnen treffen und über Wirtschafts- und Finanzpolitik, Europa und die Zukunftstechnologien beraten, so Scharping gestern zum Handelsblatt. Auch über die Verknüpfung von Ökologie und Ökonomie soll geplaudert werden.
Das erste Treffen ist schon am 30. Mai. Die vollständige Liste der ForumteilnehmerInnen ist noch geheim, weil einige Mitglieder aus der Wirtschaft erst einmal in ihren Unternehmen klarstellen wollen, daß es sich nicht um einen reinen SPD- Wahlkampfverein handelt. Öffentlich zugesagt haben bisher unter anderem die Unternehmenschefs Carlhanns Damm (AEG Hausgeräte), Uwe- Harro Cloppenburg (Peek & Cloppenburg) und Joachim Benemann von der Flachglas Solartechnik. Aus dem Finanzsektor steht bisher nur der Vorstand der Kölner Sparkasse, Adolf Schröder, auf der Liste. Im endgültigen Gremium sind nach SPD-Angaben aber auch Großbanken und Versicherungen vertreten – genauso wie die bedeutenderen Branchen Chemie, Auto und Elektro.
300 Personen und Verbände wollten laut SPD in das Forum. Rudolf Scharping hat seine Kandidaten persönlich angerufen und gefragt, darunter auch Daimler-Boß Edzard Reuter, Bertelsmann-Vorstand Manfred Lahnstein und den ehemaligen VW-Chef Daniel Goeudevert. Die drei haben noch nicht endgültig zugesagt, werden aber wohl kommen.
Wichtiger ist, wer nicht auf der Liste steht – etwa die Gewerkschaften. Scharping hält damit an einer Tradition aus seiner Zeit als Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz fest. Schon damals traf er sich mit einem Kreis aus Unternehmern, um direkt und ohne Rücksichten auf Protokolle Probleme anzusprechen. Die Industrieverbände seien im übrigen auch nicht eingeladen: Entgegen den Pressemeldungen habe der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel, nicht etwa abgesagt, sondern er sei überhaupt nicht gefragt worden. rem
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