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Mit Rumtata Richtung WM

Deutschland – Uruguay 5:0 / Auch fünf Tore trösten nicht darüber hinweg, daß das Länderspiel im Wildparkstadion harmlos verlief  ■ Aus Karlsruhe Uli Fuchs

Die Nase tritt noch etwas spitzer in den Vordergrund und die kleinen Äuglein noch weiter zurück. Das Grinsen will gern arrogant sein, schafft es aber bestenfalls zur provinziellen Borniertheit. Hans Hubert Vogts hat es nicht leicht. Selbst die Kür zum Namenspatron des wöchentlichen Gewinnspiels „Der Superberti“ bei einem sattsam bekannten privaten Fernseh- Fußball-Kanal hatte der arg Geschmähte zuletzt über sich ergehen lassen müssen.

Kein Wunder, ging da dem erzkatholischen DFB-Chef, Kegelbruder „Pater“ Egidius Braun das mit christlicher Nächstenliebe angefüllte Herz über: Vogts, der als aktiver Kicker seinen fußballerischen Horizont konsequent auf die Laufwerkzeuge seiner jeweils direkten Gegenspieler eingeengt hatte, erhielt direkt vor dem Länderspiel gegen Uruguay einen unbefristeten Vertrag als Bundes- Berti. Ein versuchter Befreiungsschlag für den Mann, der in der Nach-„Kaiser“-Zeit das Image der deutschen Kickerzunft wieder kräftig ramponiert hat. Aber auch die letzte Rettungsaktion des Deutschen Fußball-Bundes nützte nix: „Sehr froh“, sei er, sagte der Berti nach dem Spiel gegen Uruguay, daß die Mannschaft gegen „einen unbequemen Gegner so gespielt“ habe.

Wie bitte? Unbequem? Auch wer noch nicht viele Fußballspiele in seinem Leben mitverfolgt hat, sah in Karlsruhe, daß es bequemer nun wirklich nicht mehr geht. Drei Tore innerhalb von fünf Minuten, 3:0 nach 13 Minuten – das Flotteste, was die derzeit arg gebeutelten Südamerikaner ins Badische mitgebracht hatten, war ihre Nationalhymne, und die war naturgemäß schon zu Ende, als das Spiel erst losging. Außerdem erzählte der Berti den geduldigen Journalisten, daß er „den Jungs“ vorab gesagt habe: „Ich will einen schönen Abend haben“, und daß die Buben brav waren. Daß „Thomas Häßler ein begnadeter Fußballer“ ist, Ulf Kirsten ihm die Einwechslung „mit dem schönsten Tor gedankt“ hat, und „der Lothar den Libero gespielt hat, den ich mir vorstelle“.

Wenig war dagegen die Rede davon, daß trotz 22jähriger Länderspiel-Abstinenz nur 29.000 Zuschauer den amtierenden Weltmeister im Wildparkstadion sehen wollten, und selbst die dann Mitte der zweiten Halbzeit deutlich ihren Unmut äußerten, als sich der Dreierpack aus den Anfangsminuten als billige Fünf-Minuten-Terrine entpuppte. Allein die dann noch nachgelegten zwei Tore verhinderten, daß die Deutschen, die auch gegen einen desolaten Gegner nur Mittelmäßiges boten, nicht mit einem Pfeifkonzert in die Kabinen verabschiedet wurden.

Friede, Freude, Eierkuchen lautet trotzdem die oberste Maxime auch bei den milchgesichtigen Yuppie-Kickern, was die vormals angeblichen Quertreiber Effenberg und Möller am eindringlichsten unter Beweis stellten. Ersterer, als er es sich nicht nehmen ließ, selbst Herbergersche Ideale zu bemühen, indem er das harmonische Zusammenspiel mit Häßler damit begründete, „daß wir uns privat sehr gut verstehen“. Und noch dicker kam's von Möller, der das Wort zum Donnerstag sprach: „Es war ein schöner Fußballabend für die Fans in ganz Deutschland.“ Papa Berti wird sich noch einmal gefreut haben, und der Zeremonienmeister des DFB leistete seinen den Abend abrundenden Beitrag: Prompt mit dem Schlußpfiff tönte es durchs Stadion: „So ein Tag, so wunderschön wie heute.“ Mit Rumtata Richtung WM.

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