■ Mit OECD-Prognosen auf Du und Du: Krisen sind vorbei
Paris (taz) – Positive Prognosen für die Entwicklung der Weltwirtschaft stellt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) auf. Wenn es nach ihrem gestern in Paris vorgestellten Jahresbericht geht, wird in den 29 OECD-Mitgliedsländern die Wirtschaft im nächsten Jahr um durchschnittlich 2,9 Prozent wachsen, die Arbeitslosigkeit ganz allmählich um 0,3 Punkte auf 6,4 Prozent sinken und die Inflationsrate mit 2,7 Prozent beinahe unverändert bleiben (plus 0,1 Prozent im Vergleich zu 1999). Damit hat die OECD ihre früheren Prognosen leicht nach oben korrigiert und will zugleich ein Ende der Krisen in Asien und Lateinamerika festgestellt haben.
Bei genauerem Hinschauen freilich entpuppen sich die Zahlen als weniger rosig. Das Beispiel Deutschland: Da lobt die OECD zwar die strenge Haushaltspolitik, ebenso wie die (noch nicht verabschiedeten) Sparpläne der Bundesregierung in Höhe von 30 Milliarden Mark. Auch stellt sie fest, dass die in Folge der Asienkrise zurückgegangene Investitionstätigkeit im Laufe dieses Jahres wieder angezogen hat und dass sich sogar der Bausektor dank der steigenden Inlandsnachfrage erholen könnte.
Gleichzeitig jedoch prognostiziert sie für Deutschland ein weit unter dem OECD-Schnitt liegendes Wachstum von nur 1,3 Prozent (im Jahr 2000 sollen es 2,3 Prozent des Bruttinlandsprodukts werden und 2001 2,5 Prozent). Die Arbeitslosigkeit wird sich laut OECD von 9 Prozent in diesem Jahr bis ins Jahr 2001 bloß um 0,7 Prozent auf 8,3 Prozent verringern. Und selbst dieser geringfügige Rückgang hat nach Ansicht von OECD-Experten weniger mit aktiver Arbeitsmarktpolitik zu tun als mit der Ankunft geburtenschwacher Jahrgänge auf dem Arbeitsmarkt. Allerdings liegt Deutschland damit laut OECD-Angaben nur unwesentlich unter dem europäischen Durchschnitt, wo sie ebenfalls ein schwaches Absinken der Arbeitslosigkeit von 10,2 Prozent auf 9,1 Prozent im Jahr 2001 voraussagt. Für die US-Wirtschaft, der die OECE für das laufende Jahr zwar ein Wachstum von 3,8 Prozent bescheinigt, liegen ihre Prognosen für die Jahre 2000 (3,1 Prozent) und 2001 (2,3 Prozent) entschieden niedriger. Sorgen macht der OECD das „zu hohe Niveau“ der Aktienmärkte. Da werde es „Rückbildungen“ geben, hieß es gestern in Paris, die besonders in den USA stark ausfallen, aber weltweite Konsequenzen haben könnten. Als „riskant“ bewertet die OECD auch eine möglicherweise in Japan erfolgende Yen-Abwertung. Dorothea Hahn
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