■ Mit Naturkosmetik auf du und du: Chemie hilft mit
Stuttgart (taz) – Naturkosmetik nennen sich heute viele Produkte. Sie herzustellen, ist allerdings eine Kunst, an der noch viel herumgeforscht werden muß. Voraussetzung sind zunächst natürliche Wirk- und Hilfsstoffe sowie schonende Herstellungsprozesse. „KbA“ heißt das Stichwort, denn aus „kontrolliert biologischem Anbau“ sollten die Rohstoffe, aus denen sich Naturkosmetik zusammensetzt, möglichst stammen.
Allerdings sind der Branche trotz guter Absichten klare Grenzen gesetzt: Wohlriechend, streichzart oder weiß schäumend sind Attribute, mit denen die Natur nicht dienen kann. Eine Feuchtigkeitscreme etwa sollte einige Monate haltbar und gleichzeitig in ihrer Konsistenz stabil sein. Konservierungsstoffe und Emulgatoren, die das Gemisch aus Fetten, Ölen und Wasser zusammenhalten, können dies besorgen.
Mit den Grundsätzen der Naturkosmetik sind sie jedoch oft nur schwer in Einklang zu bringen. Von 62 getesteten Tagescremes mit Öko-Image schnitten 1997 in der Zeitschrift Öko-Test immerhin 19 mit „nicht empfehlenswert“ ab, 18 enthielten Emulgatoren auf der Basis von PEG. Diese Polyethylenglykole können in die Haut eindringen und dabei Schadstoffe in den menschlichen Organismus schleusen. In elf Cremes wurde Formaldehyd nachgewiesen, billige Erdölprodukte ergänzten ebenfalls die Palette der „wertvollen“ Ingredienzen.
Auch Shampoos stellen fast ausnahmslos Grenzfälle dar – nur sehr wenige verdienen die Bezeichnung „Naturkosmetik“. Das Problem: Schaum ist zwar für die Waschkraft nicht notwendig, doch die VerbraucherInnen sind ohne ihn nicht zufrieden. „Nichtschäumende Shampoos auf der Basis von Lava-Erde sind nur etwas für Hardliner“, sagt Joachim Strüh von der Firma Wala. Daher müssen Tenside in die Haarseife – eine Stoffgruppe, über die die Branche heftig diskutiert.
Problematisch sind auch die angenehmen Duftnoten der Kosmetikprodukte: In 21 Cremes fand Öko-Test bedenkliche Moschusverbindungen, die zum Teil als krebserregend gelten. Aus dem reichhaltigen Repertoire der Mineralölderivate bedienen sich Hersteller gern, wenn es um Farben geht – Stoffe, die in Naturkosmetik gänzlich verboten sind. Doch mit Pflanzenfarben allein lässt sich nun einmal nicht jede Nuance produzieren.
„Kompromisse“, so Strüh, „sind notwendig“ – wie weit sie gehen dürfen, ist dann Definitionssache. „Wir haben uns auf einen Weg geeinigt, der gewisse Zugeständnisse an die Chemie macht“, sagt auch sein Kollege Heinz-Jürgen Weiland-Groterjahn von der Firma Logocos. Zur Zeit wird im Rahmen des Gütesiegels für Naturkosmetik eine Positivliste für bestimmte, nicht ganz natürliche, jedoch unverzichtbare Rohstoffe erarbeitet. Danièle Weber
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