■ Mit Konkurrenz auf du und du: Keine Anwaltspfründe
Freiburg (taz) – Das Bundesverfassungsgericht will der Dienstleistungsbranche Beine machen. In einer gestern veröffentlichen Entscheidung hat es die Möglichkeit stark eingeschränkt, neue Berufe einfach zu verbieten, wenn diese die Pfründe bereits bestehender Berufsgruppen gefährden.
Konkret ging es um das Verbot einer Gesellschaft, die EDV-gestützt die Fälligkeit und Einzahlung von Patentgebühren überwachte und so sicherstellt, daß das Patent nicht vorzeitig erlischt. Die Tätigkeit wurde vor Erfindung des PCs allein von PatentanwältInnen durchgeführt. Doch während diese heute noch 60 bis 200 Mark pro Vorgang verlangen, muß man bei der neuen Konkurrenz nur 18 Mark berappen.
Obwohl sogar viele AnwältInnen bereits mit solchen Service-Gesellschaften zusammenarbeiten, und den Service teuer weiterverkaufen, sahen andere darin einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz. Im Interesse der KundInnen sei die Rechtsberatung in Patentangelegenheiten den ausgebildeten SpezialanwältInnen vorbehalten, so ihr Standpunkt.
Dieser Ansicht war auch der Bundesgerichtshof (BGH), das höchste deutsche Zivilgericht, und erteilte der jungen Konkurrenz ein Betätigungsverbot.
Die EDV-Gesellschaft legte Beschwerde beim Verfassungsgericht ein und hatte doch noch Erfolg. Das Verbot stelle einen „unverhältnismäßigen“ Eingriff in die Berufsfreiheit dar, entschied der Erste Senat des Verfassungsgerichts. Man könne wohl kaum von Rechtsberatung sprechen, so Karlsruhe, wenn lediglich Fristen überwacht und Zahlungen abgewickelt würden. Ein besonderer Schutz der PatentinhaberInnen sei bei dieser Tätigkeit, die weder Rechtskenntnisse noch langjährige Erfahrung erfordere, deshalb nicht sicherzustellen.
Andererseits prüfte das Verfassungsgericht aber auch, ob der Beruf der PatentanwältIn fortan völlig unrentabel werde. Immerhin bestehe ein öffentliches Interesse an dieser Berufsgruppe. Karlsruhe sah diese Gefahr jedoch nicht, schließlich ginge es bloß um ein kleines Stück vom Gebührenkuchen.
Beim Bundesverband der freien Berufe (BFB) reagierte man gestern zurückhaltend. Trotz der allgemeinen Formulierungen betreffe die Entscheidung doch nur eine einzelne Berufsgruppe. Typischerweise träten Konkurrenzkonflikte zwischen bereits etablierten Berufsgruppen auf, so BFB- Hauptgeschäftsführer Arno Metzler. Als Beispiel nannte er die Rangeleien zwischen Steuer- und UnternehmensberaterInnen oder zwischen HandwerkerInnen und IngenieurInnen. Christian Rath
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