: Mit Jens Reich in die Bürgergesellschaft?
■ Förderverein unterstützt die Präsidentschaftskandidatur Jens Reichs
Berlin (taz) – Die Republik sucht einen Bundespräsidenten, und in dem Maße, in dem sich die Matadore der Parteien gegenseitig blockieren, steigen die Chancen für Außenseiter. Diese Ansicht jedenfalls vertritt der „Förderverein Bürgerpräsident Jens Reich“, der sich gestern in Berlin der Öffentlichkeit vorstellte. Getragen wird der Verein von Jusos, Jungen Liberalen und dem Grünen-Jugendverband. Sie rufen dazu auf, die Präsidentschaftskandidatur Jens Reichs zu unterstützen und sich dem Förderverein anzuschließen. Erste Fördermitglieder sind Hans Magnus Enzensberger, Ignatz Bubis, Antje Vollmer, die Schriftstellerin Monika Maron, der Friedenspreisträger Friedrich Schorlemmer.
Jens Reich war bereits im Juni vom Frankfurter Kreis, einer Initiative von Intellektuellen unterschiedlicher politischer Orientierung, als erster Kandidat für die Weizsäcker-Nachfolge vorgeschlagen worden.
Die Heterogenität des Kreises ist Programm: „Aus verschiedenen Lagern kommend“, wolle man, so der Publizist Alexander Gauland gestern, einen Beitrag leisten, „das Lagerdenken aufzulösen“. In diesem Sinne sei die Kandidatur Jens Reichs ein „Angebot aus der Bürgergesellschaft, Politik mitzugestalten“. Die bloß vorwurfsvolle Reaktion auf die politische Klasse sei nicht mehr ausreichend. Der Vorschlag sei nicht als Kampfansage an die Parteien, sondern als Anstoß zu verstehen, „die Parteien in Bewegung zu bringen“.
Doch der Impuls ist bei den Parteien noch nicht angekommen. Die SPD steht, zumindest nach außen, einmütig hinter Rau, die Union streitet noch über Heitmann, während die Koalition bereits an einem neuen, gemeinsamen Kandidaten bastelt. Mit dem würden Raus Chancen zwar gegen Null tendieren, doch Geschäftsführer Günter Verheugen bestätigt: Die Kandidatur Raus ist definitiv. Konträr zur herrschenden Auffassung in der SPD formulierte der stellvertretende Juso-Vorsitzende Arne Grimm gestern, Rau sei zwar ein guter, jedoch nicht der beste Kandidat. Für Jens Reich sprächen dessen unbestrittene Fähigkeit für einen Ost-West-Ausgleich, seine Art, über die tagespolitischen Problemlagen und Konflikte hinauszudenken, sowie die Tatsache, daß Reich als Nichtparteienkandidat die notwendige Öffnung der Politik repräsentieren könne.
Hans Magnus Enzensberger erklärte, die Wahl Reichs würde signalisieren, „daß die deutsche Politik die neue Lage des Landes begriffen hat“. Davon jedoch könne bislang nicht die Rede sein. Selbst die meisten Medien der Republik hätten auf den Vorschlag so reagiert, als seien sie „Bedienstete der Parteien“, ganz so, „als unterliege auch die Presse dem Fraktionszwang“. eis
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