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■ Mit Bulgariens Alltag auf du und duEssen oder Heizen

Berlin (taz) – Bulgariens Wirtschaft befindet sich im freien Fall. Mittlerweile ist das Balkanland Schlußlicht aller Reformstaaten Osteuropas. Sichtbarstes Kennzeichen für das Desaster ist die Hyperinflation. Sie betrug Ende des vergangenen Jahres 311 Prozent. Die unabhängige bulgarische Tageszeitung Trud veröffentlichte Mitte Januar Statistiken zur Preisentwicklung von Dezember 1995 bis Dezember 1996. Mußten die Bulgaren Ende 1995 für Brot und Backwaren noch 573 Lewa pro Monat aufwenden, waren es ein Jahr später schon 3.024 Lewa. Insgesamt errechnete Trud für Ende 1996 ein Existenzminimum von 36.799 Lewa.

Doch diese Zahlen waren spätestens in der vergangenen Woche vollends Makulatur. Da spitzte sich die Lage erneut dramatisch zu. Fast stündlich verlor der Lew an Wert, Händler konnten keine Preise mehr kalkulieren und machten ihre Läden einfach dicht.

Leidtragende der Hyperinflation sind vor allem Rentner. Die Höchstrente liegt bei 8.000 Lewa im Monat (umgerechnet acht Mark), was derzeit für ein Kilo Schnittkäse reicht. Vor wenigen Tagen kündigte die Regierung an, daß jeder Rentner für den Monat Februar zusätzlich 6.000 Lewa erhält.

Doch nicht nur für alte Menschen in Bulgarien heißt die Alternative in diesen kalten Wintermonaten Essen oder Heizen. Da auch die Energiepreise drastisch gestiegen sind, gehen mittlerweile zwei Drittel eines durchschnittlichen Monatslohns (15.000 Lewa) für Heizkosten drauf. In den meisten Wohnungen wird deshalb nur ein Raum beheizt, Krankenhäuser bleiben kalt, in den Schulen wird im Mantel gelernt.

In der vergangenen Woche stellte die Europäische Gemeinschaft rund 39 Millionen Mark für Weizen und 24 Millionen für Brennstoffe zur Verfügung. Deutschland wird in Kürze Sanitätsmaterial aus Beständen der Bundeswehr und der Volksarmee liefern. Unter Mitwirkung des deutsch-bulgarischen Forums wurde eine Spendenaktion gestartet, die bis jetzt rund 450.000 Mark erbracht hat. Mit dem Geld sollen Waisen- und Krankenhäuser und soziale Einrichtungen unterstützt werden. Barbara Oertel

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