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Mit Biosensoren gegen Umweltverschmutzer

■ Im Wasser entdecken Bakterien einen Giftsstoff nach zehn Minuten/ 200 Aussteller und 42 Fachtagungen auf dem Umwelttechnologieforum/ Erstmals ist auch Verkehr Thema

Berlin. Daß Spinat gesund ist, weiß jeder. Statt ihn aufzuessen, kann man mit dem Gemüse aber auch die Umwelt schützen. Diese Aufgabe traut man zwar eher technischen Geräten zu, doch haben diese die Schwäche, daß sie nur einzelne Schadstoffe messen können, die Messungen aber nicht unmittelbar etwas über die giftige Wirkung eines Chemie-Cocktails aussagen. Das wiederum ist die Stärke des Spinats. Enzyme, Antikörper, Organellen und Zellen, die auch aus diesem Gemüse gewonnen werden, eignen sich nämlich, in zehn Minuten Rückschlüsse auf Giftigkeit, erbgutschädigende, krebsauslösende und fruchtschädigende Wirkungen von Schadstoffen ziehen zu können.

An dem Einsatz der sogenannten Biotestverfahren forscht auch die Technische Universität (TU) Berlin. Das Fachgebiet „Aquatische Ökotoxikologie“ mobilisiert Bakterien, um mit deren Hilfe die Belastungssituation von Gewässern zu kartieren, Abwassereinleitungen zu überwachen und Schadstoffbelastungen in Böden, im Sickerwasser aus Deponien sowie im Grundwasser zu untersuchen. Die TU ist einer von 200 Ausstellern, die ab Montag für vier Tage in zwei Messehallen unter dem Funkturm zeigen werden, mit welcher Technik man Umweltverschmutzern auf die Schliche kommt, aber auch, wie man von vorneherein giftige Abfälle verhindert.

Die Ausstellung ist das Schmuckstück der UTECH-Berlin, dem Umwelttechnologieforum, das zum vierten Mal stattfindet.

Unter der Schirmherrschaft von Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) und mit finanzieller Unterstützung von Berlins Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD) werden über 5.000 Umweltexperten in den Räumen des ICC insgesamt 42 Fachkongresse und Seminare abhalten. Die UTECH hat sich nach Angaben des Veranstalters, dem Fortbildungszentrum Gesundheits- und Umweltschutz (FGU Berlin), zur größten Umweltschutz-Tagungsreihe der Bundesrepublik entwickelt.

Für den Laien sind die Tagungen auf Grund der hohen Teilnahmegebühr von in der Regel 300 Mark unattraktiv. Der Eintritt für die Messe kostet dagegen nur fünf Mark – für Gruppen gibt es Ermäßigung. Für die Silbermünze gibt es auf 2.600 Quadratmeter selbstverständlich mehr zu sehen als Lebewesen aus der Mikrowelt. Die Berliner Video-Computer-Recycling GmbH (VICOR) präsentiert ihr neu entwickeltes Verfahren zur Wiederverwertung von Bildröhren, bei dem auf jegliche Chemie verzichtet wird.

Fernsehbildröhren bestehen zu etwa sieben Achteln aus Glas und zu knapp einem Achtel aus Metall. Die in ihr vorhandenen Leuchtstoffe gehören auf die Sondermülldeponie. Bislang wurden die Bildröhren einfach zerhackt, die Leuchtstoffe mit Chemikalien herausgewaschen. Abgesehen davon, daß die Lösemittel alles andere als gut für die Umwelt sind, läßt sich nach dem sogenannten Schreddern ein Drittel des Glases nicht mehr verwenden.

Die 28 Beschäftigten des Berliner VICOR-Betriebes haben im vergangenen Jahr dagegen 20.000 Bildröhren auf umweltfreundliche Art auseinandergenommen. Dieses Recycling ist so beliebt, daß die Demontageanlage seit Januar im Zweischichtbetrieb gefahren wird. Eine größere Anlage für jährlich 110.000 Bildröhren, Fernsehgeräte und Computermonitore soll im Herbst dieses Jahres in Betrieb genommen werden. Das VICOR- Verfahren wird auf dem Seminar „Verwertung und Entsorgung von Elektronikschrott“ ausführlich dargestellt. Das Seminar ist eines von acht Foren, die auf der UTECH zur Abfallproblematik stattfinden.

Erstmals sind auch zwei Veranstaltungen dem Verkehr gewidmet. Unter der Leitung von Christian Lukner vom Bundesumweltministerium werden Lösungen für eine umweltgerechte Veränderung der angespannten Verkehrssituation gesucht. Der Verband der Deutschen Automobilindustrie diskutiert mit. Die Handlungsspielräume von Kommunen erläutert in einer anderen Expertenrunde Manfred Breitenkamp von der Berliner Senatsumweltverwaltung. Da liegt die Frage nahe, ob Spinat auch bei Verkehrsproblemen helfen kann. Dirk Wildt

UTECH, 15. bis 19. Februar, ICC

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