■ Mit Biomasse auf du und du: Scheißkraftwerk
Berlin (taz) – In Thetford, in der englischen Grafschaft Norfolk, entsteht zur Zeit das größte Hühnerkraftwerk Europas. 400.000 Tonnen Hühnerkot jährlich sollen dort von 1998 an verbrannt werden, um 38,5 Megawatt Strom zu erzeugen, genug für rund 40.000 Haushalte.
Betrieben wird das Projekt von der Fibro Holding, einer britischen Investmentgesellschaft, die schon 1992 und 1993 zwei solcher Hühnerkraftwerke ans Netz brachte. Bei der Finanzierung des 69 Millionen Pfund (knapp 190 Millionen Mark) teuren Kraftwerkprojekts haben vor allem die Bank of Scotland und die Westdeutsche Landesbank geholfen.
Projektleiter Rupert Fraser hofft auch in Zukunft auf deutsche Unterstützung. Die Deutschen seien im Umweltschutz führend, und wenn sich das Verursacherprinzip auch auf den Hühnerfarmen durchsetze, werde sein Strom erst richtig billig. „Der Preis des Stroms hängt nämlich wesentlich davon ab, ob wir für den Hühnerkot bezahlen müssen oder ob wir für die Verbrennung von den Farmern noch Geld bekommen.“ Derzeit muß Fibrowatt bezahlen und den Kot in einem Umkreis von 30 Kilometern um die Kraftwerke abholen. Dort wird er dann mit Stroh und Holzspänen vermischt, um eine brennbare Konsistenz zu bekommen. Die Firma rechnet mit einem Strompreis zwischen 15 und 20 Pfennig pro Kilowatt, um schwarze Zahlen schreiben zu können.
Sollte sich jedoch in Folge strengerer EU-Wasserschutzvorschriften der Druck auf die Farmer erhöhen, könne man, so hofft Fraser, die Farmer zur Kasse bitten und so die Bilanzen der Hühnerkraftwerks verbessern.
Den Strom der beiden existierenden Hühnerkraftwerke nimmt bislang die Non-Fossil- Fuel Purchase Agency der britischen Regierung zu einem erhöhten Preis ab. Dadurch war es den Managern von Fibro möglich, den größten Teil der Bankkredite für die 1992 und 1993 gebauten Kraftwerke abzutragen.
In Zukunft wollen sie ihren Strom als Ökostrom an den britischen Strompool verkaufen, bei dem sich dann umweltbewußte Firmen und Konsumenten zu einem leicht erhöhten Preis bedienen könnten. Hermann-Josef Tenhagen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen