■ Mit Abgasen auf du und du: Autofahren ist giftig
Berlin (taz) – Auch wenn Fußgänger, Radfahrer und Anwohner in vielbefahrenen Straßen überzeugt sind, am meisten unter den Abgasen zu leiden: Die Hauptbetroffenen sind doch die Autofahrer selbst. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Auftrag der britischen Regierung erstellte Studie, die der Verkehrsclub Deutschland (VCD) gestern vorstellte.
Das Institute for European Environmental Policy (IEEP) wertete 45 aktuelle Abgasuntersuchungen in verschiedenen Regionen der Welt aus. Diese zeigen übereinstimmend, daß die Belastung mit Benzol, Kohlenmonoxid und Stickstoffdioxid im Innenraum von Autos deutlich höher ist als am Straßenrand. In einem Abstand von 50 bis 100 Metern von der Straße ist sie auf mehr als die Hälfte abgesunken. „Wir haben schon länger spekuliert, daß die Abgaskonzentration in der Straßenmitte höher ist. Jetzt haben wir das schwarz auf weiß“, sagt VCD-Sprecher Burkhard Reinartz. Die meisten Studien hätten sich bisher auf Untersuchungen im Straßenwohnbereich beschränkt.
Die erhöhten Werte im Inneren der Autos werden von verschiedenen Faktoren verursacht: dichter, zähfließender Verkehr, geringer Luftaustausch in der Straße, zu alte Motoren und defekte Auspuffanlagen. Die Studien zeigen auch, daß die Luft im Fahrzeug nicht besser wird, wenn man die Lüftung einschaltet. Allenfalls Klimaanlagen lindern die Belastung ein wenig.
Wer auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigt, atmet aber nicht unbedingt besser. Denn auch in Bussen ist die Abgaskonzentration immer noch deutlich höher als am Straßenrand. Den Einsatz von Katalysatoren hält die IEEP-Untersuchung nicht für ausreichend. Zwar zeigten einige Meßreihen über längere Zeiträume hinweg in den Vereinigten Staaten, wo Katalysatoren zum Standard gehören, eine leichte Verbesserung der Situation. In Europa sei dieser Trend aber noch nicht erkennbar.
Die Studien widerlegen die weitverbreitete Ansicht, daß Radfahrer besonders viele Abgase aufnehmen, weil sie wegen der körperlichen Anstrengung schneller atmen. Selbst wenn man das Strampeln auf dem Drahtesel berücksichtigt, liegt die Belastung nicht merklich über der von Fußgängern.
Die Autoren der IEEP-Untersuchung empfehlen rigorosere Inspektionen, in welchem Zustand sich ein Auto befindet. Damit könnten zumindest die Spitzenbelastungen reduziert werden. Für den britischen Verkehrsminister Gavin Strang ist „jedoch besonders wichtig, die Einstellung zum Auto zu ändern. Es ist nicht immer die gesündeste oder beste Art der Fortbewegung.“ Niels Boeing
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