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Mit AKV effizient in die Zukunft

■ Wovon die 68er träumten: Hamburgs Politchefs wollen den Staatsapparat völlig umkrempeln - kompetent, verantwortungsvoll und bürgernah Von Florian Marten

Von den BürgerInnen bislang kaum bemerkt ist seit einigen Monaten in Hamburgs obersten Rathaus-Behördenetagen der Teufel los. Geschmeidige Technokraten, polternde Verwaltungspraktiker, biedere Karriere-Hengste und verschlafene Däumchendreher sind kaum wiederzuerkennen. Worte wie „Revolution“, „sofortiges Handeln“ oder gar „Effizienz“, Worte also, die bislang im Hamburger Senatsgehege kaum jemand auszusprechen wagte, bestimmen urplötzlich den Alltags-Small-Talk.

Zum Beispiel Voscheraus Vielzweckwaffe Wolfgang Prill, derzeit Staatsrat in der Innenbehörde: „Die öffentlichen Haushalte sind pleite. Die Abgabenlast ist kaum mehr zu steigern. Die Bürger sind verwaltungs- und politikverdrossen. Die öffentliche Verwaltung ist demotiviert, hat Orientierungsdefizite und keinen Mut. Wir dürfen nicht länger bloß darüber diskutieren. Wir müssen handeln – und zwar sofort.“

Oder Voscheraus Spezialsenator Thomas Mirow: „Hamburg erlebt gegenwärtig dramatische Veränderungen. Das klassische Instrumentarium und Aufgabenverständnis der Verwaltung reicht da nicht aus. Wir brauchen eine revolutionäre Änderung der Struktur der öffentlichen Verwaltung in Richtung effizientes Dienstleistungsunternehmen.“

Sollte gar Innensenator Hartmuth Wrocklage wieder einmal recht behalten? Er warnte bereits im April die Hamburger ÖTV-Spitze fürsorglich: „Ich erwarte von den Methoden der Bewältigung unserer kritischen Haushaltslage die stärksten Impulse zur inneren Reform der Hamburger Verwaltung seit Jahren.“

Ein Großconsulter checkt die Wirtschaftsbehörde durch

Und wirklich checkt der Großconsulter Roland Berger seit einigen Monaten die Wirtschaftsbehörde durch. Seine Vorgabe, die Belegschaft am Alten Steinweg innerhalb der nächsten Jahre zu dezimieren, stößt jedoch auf allerheftigste Widerstände. Das Problem, die Revolution vom Papier in die Praxis zu überführen, zeigt sich auch beim neuen Verfahren der Haushaltsaufstellung: Die neue Eigenverantwortlichkeit der Behörden fürs Sparen führte noch längst nicht zu einer Haushaltswende, sondern vor allem zu neuen Tricksereien. Der eigentliche Reformschub steht noch aus. Nürnberg, Köln und Frankfurt sind da schon weiter – von den Reformvorzeigestädten Phoenix/Arizona und Tilburg/Niederlanden ganz zu schweigen.

Während Phoenix beispielhaft Bürgerinitiativen mit staatlichen Einrichtungen vernetzte, hat Tilburg durch eine konsequente Dezentralisierung und Verselbständigung seiner Verwaltung auf europäischem Boden vorgeführt, welche Wege in die Stadt der Zukunft führen. Öffentliche Leistungen werden ausgeschrieben, Privatunternehmen und öffentliche Dienststellen können sich bewerben. In Phoenix kümmern sich Bürgerinitiativen und Selbsthilfeorganisationen um Sicherheit, Sozialhilfe und Stadtteilentwicklung.

Immerhin vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendwelche Hamburger Bürokraten in Sachen AKV gebrieft werden: Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung, so buchstabiert sich das Kürzel, sollen in Zukunft nämlich zusammengeführt werden. Mirow, Chef der Senatskanzlei, erläutert: „Das heißt Führung durch Leistungsabsprache statt durch Einzelanweisung, Zusammenführung von Fach- und Ressourcenverantwortung, Übergang von der Input- zur Outputsteuerung, Aktivierung von Wettbewerbselementen, Verstärkung von Bürgernähe und Kundenorientierung, Erfolgskontrolle.“

Wie hohl diese Worte noch sind, zeigte sich kürzlich auf einem mit Wissenschaftlern und Verwaltungspraktikern hochkarätig bestückten Kongreß „Öffentliche Aufgaben in der Krise“, zu dem die Hamburger Universität geladen hatte. So warnte der Finanzwissenschaftler Gunther Engelhardt: „Reformansätze, so vielversprechend sie im theoretischen Konzept anmuten mögen, bleiben ohne die Anwendungsbereitschaft der Verwaltungspraxis weitgehend wirkungslos.“ Der Berliner Verwaltungswissenschaftler Gunnar Schuppert beklagte das Hamburger Prinzip einer Revolution von oben: „Verwaltung neu denken“ bedeute eben nicht allein, die Methoden des „lean management“ und der „lean production“ auf den öffentlichen Dienst zu übertragen, sondern vor allem das Verhältnis von Bürger, Staat und Verwaltung neu zu bestimmen. Schuppert forderte „einen verhandelnden Staat“, der kommuniziert statt anordnet, betreut statt beaufsichtigt.

In den USA heißt die neue Welle „Communtarism“

In Tilburg wie Phoenix zeigt sich der Erfolg nicht nur in Umfrageergebnissen und im Lächeln des Stadtkämmerers: Eine völlig neue Grundstimmung durchzieht die Verwaltung und bestimmt das Verhältnis zwischen Stadtverwaltung und Bürgern. In den USA hat die neue Welle bereits einen Namen: „Communtarism“, die Wiederentdeckung des „Gemeinwesens“. In Deutschland dagegen, so spottete jüngst der Wissenschaftler Hermann Hill süffisant, „ist doch oft der Bürger das einzige, was bei diesen Reformen stört.“

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