: Mißtrauische Kulturbonzen
■ Erfreulich differenziert: Der Dokumentarfilm „DEFA – Die gebremste Gegenwart“ (Mittwoch, 20.45 Uhr, arte)
Die meisten Positionen zur DEFA teilen sich gewöhnlich in nostalgische Verklärung oder pauschale Aburteilung. Mit der Produktion „Es werden ein paar Filme bleiben“, einem Sammelsurium aus dilettantisch zusammengehauenen Filmausschnitten, strukturlosen Interviewauszügen und Blue- Box-Spielereien, lieferte Ulrich Kasten in der ARD kürzlich seinen diffus dazwischenliegenden Beitrag zum Thema.
So einfach macht es sich die Arte-ORB-Dokumentation „DEFA – Die gebremste Gegenwart – die DDR im Spiegel ihrer Filme“ längst nicht. In loser chronologischer Folge zeichnet Knut Elstermann anläßlich des 50. Jahrestages der DEFA-Gründung die wichtigsten Etappen aus vier Jahrzehnten nach.
Dezidiert, aber ohne lästige Besserwisserei beleuchtet der Autor das Verhältnis zwischen Macht und Machern, situiert die Filme im politischen Klima ihrer Entstehung und diagnostiziert neben einigen wenigen herausragenden Produktionen ein allgemeines Mittelmaß.
Zu zeigen, wie sich dieses Mittelmaß des DEFA-Durchschnittsfilms zusammensetzte – aus mal indirekter, mal offener Zensur, aus Angst vor ungebremster, womöglich subversiver Kreativität, aus Bürokratie und vorauseilendem Gehorsam der bereits auf der Filmschule zurechtgestutzten Regisseure –, ist vielleicht das größte Verdienst dieses Dokumentarfilms. Interessant auch, wie die wenigen wirklich starken Filme als Ausnahmeerscheinung analysiert werden, die zu ihrer Zeit zumeist verboten, attackiert oder behindert wurden.
Ausführlich kommen Regisseure, Autoren und Schauspieler zu Wort, Gesagtes wird fast immer mit Filmausschnitten illustriert oder belegt. Von Staudtes „Die Mörder sind unter uns“, dem ersten, bis zum letzten DEFA-Film, Peter Kahanes „Die Architekten“, entsteht so ein zeitgeschichtlich aufschlußreicher Überblick, informativ auch für ZuschauerInnen, die die meisten Filme nicht kennen.
Da vergleicht beispielsweise Bärbel Dalchow vom Potsdamer Filmmuseum die DEFA-Produktionen mit Pappe, mokiert sich über pseudoliterarische Dialoge und die „furchtbare Tonspur ohne Raumtöne“. Immer wieder kommt das Mißtrauen der Kulturbonzen gegenüber formalen Neuerungen zur Sprache: „Als könne ein Filmforum einen Staat stürzen“, meint dazu ein Drehbuchautor. Eva Nowak
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