Misstrauensvotum gegen Regierungschef: Für Berlusconi geht's ums Ganze

Am Dienstag entscheidet sich die politische Zukunft Berlusconis. Kommt es zum Aus für seine Regierung oder steigt er wie Phönix aus der Asche?

Silvio Berlusconi sucht den Händedruck. Bild: dapd

ROM taz | Politisches Aus für die Regierung Berlusconi – oder aber ein überraschender Neuanfang? Auf diese kurze Formel lässt sich der am Montag und Dienstag anstehende Showdown zwischen Regierung und Opposition bringen. Sowohl das Abgeordnetenhaus als auch der Senat sind zur Vertrauensabstimmung über Berlusconi aufgerufen; am Montag wird der Regierungschef vor beiden Kammern sprechen, am Dienstag folgt das Votum.

Dessen Ausgang schien bis vor wenigen Tagen klar. Zwar verfügt Berlusconi im Senat weiter über eine solide Mehrheit von 162 der 315 Volksvertreter, im Abgeordnetenhaus aber schien er mit nur noch 306 der 630 Stimmen einer sicheren Niederlage entgegenzugehen. Die neuen Kräfteverhältnisse waren die Folge des Bruchs zwischen Berlusconi und seinem langjährigen politischen Weggefährten, dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Gianfranco Fini.

Der frühere Chef der postfaschistischen Alleanza Nazionale (AN) hatte seit 1994 mit Berlusconi paktiert und im Jahr 2008 seine Partei in die neue rechte Sammelpartei Popolo della Libertà (Pdl - Volk der Freiheit) überführt. Die PdL errang im Jahr 2008 im Bund mit der fremdenfeindlichen Lega Nord einen klaren Wahlsieg - schnell aber brachen heftige Konflikte zwischen Berlusconi und Fini aus.

Fini stellte einerseits den diktatorischen Führungsstil Berlusconis in der Partei in Frage; andererseits kritisierte er den konservativ-rechtspopulistischen Kurs des Regierungschefs und machte sich für die Schwulenehe genauso wie für das Ausländerwahlrecht stark. Am Ende des über Monate hinweg eskalierenden Konflikts warf Berlusconi schließlich Fini aus der PdL; daraufhin gründete dieser die neue Partei Futuro e libertà per lItalia (FLI, Zukunft und Freiheit für Italien). Der FLI schlossen sich 34 Abgeordnete und 10 Senatoren an - damit war die Regierungsmehrheit im Abgeordnetenhaus weg.

Schon im November war die Regierung deshalb eigentlich erledigt; alle Parteien einigten sich aber darauf, das Votum über den Misstrauensantrag auf den 14. Dezember zu verschieben, damit vorher der Staatshaushalt 2011 verabschiedet werden könne.

Doch Berlusconi nutzte die ihm eingeräumten Wochen nicht bloß, um den Haushalt in trockene Tücher zu bringen. Am Wochenende gab er sich geradezu euphorisch: Er werde die Abstimmung auch im Abgeordnetenhaus gewinnen und dann "Fini erledigen". Zwar haben die gegen Berlusconi stehenden Fraktionen auf dem Papier 317 Stimmen. Drei Abgeordnete aber werden wohl nicht kommen, weil sie hochschwanger sind. Die zwei Abgeordneten der Südtiroler Volkspartei kündigten überraschend die Enthaltung an. Wie es heißt, hat die Regierung den Südtirolern umfassende Versprechen gemacht; oben auf der Liste stehen zusätzliche Fonds für den Naturpark des Stelvio.

Das wären noch die üblichen politischen Tauschgeschäfte, aber wenn man Fini und anderen Oppositionspolitikern glauben darf, greift die Regierungsmehrheit auch zu weit unsaubereren Mitteln. Ein "unanständiger Spielermarkt" sei eröffnet worden, wetterte Fini, und offen wird in Rom von Stimmenkauf geredet; die Staatsanwaltschaft hat schon ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet.

So verließen zwei Abgeordnete die Partei Italia dei valori (IdV - Italien der Werte) unter dem früheren Antikorruptions-Staatsanwalt Antonio Di Pietro. Einer der beiden hatte selbst im September erzählt, dass Vertreter des Regierungslagers ihm angeboten hätten, einen Immobilienkredit über 150.000 Euro für ihn abzulösen, von dem anderen weiß man, dass er aufgrund eines gerichtlichen Zahlungsbefehls dringend etwa 200.000 Euro benötigt; beide erklärten allerdings, ihr Gesinnungswandel sei bloß der Sorge um Italien geschuldet.

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