Misslungene Werbeaktion: War nicht so gemeint

Die Jugendorganisation der Deutschen Polizeigewerkschaft wollte gegen Stellenabbau protestieren - und bediente sich dazu primitiver Stereotype.

Wenn vor lauter Pädophilen der Terrorist die Bombe zündet: zurückgezogenes Werbemotiv der Jungen Polizei. Bild: Junge Polizei

BREMEN | taz "Da müssen Sie in Baden-Württemberg anrufen", behauptet der Mann am Telefon, "da sitzt der, der sich das ausgedacht hat." Sehr viel mehr sagt er nicht, auch Telefonnummern rückt er erst nach mehrfachem Nachfragen heraus, wenn überhaupt. Es ist ja auch eine unschöne Sache, weswegen derzeit Journalisten und Journalistinnen bei der Deutschen Polizeigewerkschaft in Bremen anrufen.

Bis vor einer Woche standen auf der Homepage der Bremer Polizei-Gewerkschaftsjugend Fotos, die eine Kampagne bebildern sollten: gegen Kennzeichnungspflicht von Polizisten, gegen Stellenabbau und für nachträgliche Sicherungsverwahrung von Sexualstraftätern.

Auf einem Bild ist unter der Überschrift "An der Grenze der Belastbarkeit" ein Mann mit Turban und Bart in langem Gewand auf einem Bahnsteig zu sehen, er trägt einen Sprengstoffgürtel. Ein Passant macht zwei Polizisten auf ihn aufmerksam. "Dort! Ein Terrorist! Schnell!" steht auf dem Foto. "Das dauert, wir haben keine Kräfte frei", antworten die Polizisten, die sich einem Mann zugewendet haben, der einem Mädchen ein Kuscheltier zeigt.

Derselbe Mann ist auch auf einem zweiten Foto zu sehen: Dort steht er mit dem Teddy in der Hand auf einem Spielplatz, zehn PolizistInnen haben sich mit verschränkten Armen vor ihm aufgebaut. Die Bildunterschrift lautet: "Entlassene Sexualstraftäter sind eine Gefahr für die Gesellschaft! JUNGE POLIZEI fordert die Politik auf, schnell zu handeln!"

Die Fotos seien "falsch interpretiert" worden, sagt André Gudel, Landesjugendleiter der Bremer Polizeigewerkschaft und Mitglied im Bundesvorstand, der sich die Kampagne ausgedacht hat. Der Vorsitzende - da hatte der Mann am Telefon recht - stammt aus Baden-Württemberg. Ihnen sei es darum gegangen, das Thema Personalknappheit bei der Polizei so darzustellen, "dass es jeder versteht".

Die Gleichsetzung von Islam und Terrorismus sei nicht beabsichtigt gewesen, sagt Gudel, auf der Homepage seiner Organisation findet sich mittlerweile eine Stellungnahme, auf der sich die Gewerkschaft von Rassismus distanziert. Auch das von der Realität widerlegte Bild vom Sexualstraftäter, der Kindern auf dem Spielplatz auflauert - die meisten Missbrauchsfälle geschehen in der Familie und im Umfeld - sei nicht beabsichtigt gewesen, so Gudel. Wieder habe man ein Thema "überspitzt" darstellen wollen, nämlich das des überlasteten Polizisten.

Auch Jürn Schulze, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft Bremen, verteidigt die guten Absichten der Kampagnenmacher. "Das war ein Schnellschuss, aber ich will das nicht verurteilen", sagt er. Man habe mit Stereotypen Aufmerksamkeit erregen wollen und sich dabei auf das bezogen, was "Stand der aktuellen Diskussion" ist.

Ganz anders sieht es der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft, Rainer Wendt. Der hatte bereits im Frühjahr untersagt, die Fotos zu zeigen, nachdem er sie gesehen hatte. Dass dies jetzt doch geschehen ist, macht ihn wütend. "Primitiv", nennt er die Bilder, "abartig". Und sagt, er habe die Redakteurin der Verbandszeitschrift gebeten, sowohl die Themen Terrorismus als auch sexueller Missbrauch im Heft zu behandeln. "Offenbar spuken da in einigen Köpfen falsche Vorstellungen herum."

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