■ QUERBILD: Mississippi Delta
Alles Gute kommt von oben. In Phil Joanous Film Mississippi Delta ist es ein kleines Propellerflugzeug, das zwar recht unschön schon nach wenigen Minuten vom Himmel ins Meer stürzt, aber doch wenigstens einen kleinen Schatz birgt: ein Latino-Mädchen, das als einziger Passagier den Absturz überlebt und sich von Dave Robicheaux, dem Helden des Films, tapfer retten läßt. Was dem wiederum – wie es der Zufall will – gut ins Lebenskonzept paßt. Ein Kind hat Robicheaux und seiner Frau zum Glück gerade noch gefehlt.
Kinder, die vom Himmel fallen – eine interessante Variante in Sachen Familienstiftung. Zugleich aber auch eine – von Wahrscheinlichkeiten mal abgesehen – recht umständliche Weise, die Geschichte ins Rollen zu bringen. So bleibt dieser Film die ganze Zeit über. Er betreibt vordergründigen Aufwand, um eine Geschichte zu erzählen, von der – würde man die Luft rauslassen – eine unterhaltsame Episode von, sagen wir Miami Vice, übrigbliebe.
Es geht (nach einer Vorlage von James Lee Burke) um die Geschichte des Expolizisten und Ex-Säufers Dave Robicheaux (Alec Baldwin). Der hat den Dienst quittiert und die Flaschen an den Nagel gehängt. Aber im Gefolge des kleinen Mädchens, das unverhofft in sein Leben fiel, holt ihn seine Vergangenheit ein. Es waren Drogen im Flugzeug und ein Undercoveragent der Drogenpolizei. Und so findet sich Robicheaux bald mitten in den Machenschaften der Drogenmafia wieder.
So weit, so na ja. Im Folgenden aber kann sich der Film nicht entscheiden, was er sein will – Charakterstudie oder Thriller. In der Rubrik Thriller ist zu sehen: die Kneipen-Landschaft von New Orleans, ein bißchen Voodoo-Atmosphäre, eine Verfolgungsjagd, eine gewaltige Pump-Gun-Ballerei, allerlei Morde, Drogenbarone und schleimige Kellner. Rubrik Charakter: die Sumpf-Landschaft von Louisiana, katholisches Bildergeklimpere und – vor allem – Robicheaux trauernd, Robicheaux verzweifelt, Robicheaux zu allem entschlossen. Wem das ein bißchen zuviel Robicheaux ist, hat ganz recht. Der Ex-Cop ist der einzige Charakter inmitten einer Herde von Klischeefiguren. Was den Film nicht unbedingt komplexer macht und Robicheaux etwas Neurotisches gibt.
Gleich drei schöne Frauen spielen allerdings auch mit. Mary Stuart Masterson als heruntergekommene, aber im Grunde gutherzige Striptease-Tänzerin. Kelly Lynch als Ehefrau des Ex-Cops, bodenständig, attraktiv und den Kinderwunsch stets im Blick. Ten Haicher, die als undurchsichtige, schwarzhaarige Femme Fatale ganz einem Film Noir entstiegen zu sein scheint. In diesen Rollenbeziehungen offenbart Mississippi Delta sein schlichtes Geheimnis. Es ist einfach für jede Zielgruppe etwas dabei.
Dirk Knipphals Aladin, City, Gloria, Grindel
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