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Misere in GazaVon Menschen gemachte Not

Die soziale Lage der Menschen im Gazastreifen ist so schlecht wie nie seit dem Sechstagekrieg 1967. Schuld sind vor allem die geschlossenen Grenzen, kritisieren internationale Organisationen.

Zum Nichtstun verdammt: Arbeitslose palästinensische Kutscher. Bild: dpa

JERUSALEM taz 80 Prozent der Bevölkerung im Gazastreifen können sich heute nicht länger selbst versorgen. Die Zahl der Menschen, die auf Nahrungsmittelspenden angewiesen sind, hat sich innerhalb der vergangenen zehn Jahre verzehnfacht. Zu diesem Schluss kommt der von acht britischen Menschenrechtsorganisationen, darunter amnesty international und Save the Children, am Donnerstag veröffentlichte Bericht mit dem Titel "Die humanitäre Implosion", der vor allem Israel anklagt. Die Lage im Gazastreifen sei auf dem schlechtesten Stand seit Beginn der israelischen Militärbesatzung 1967.

Die Menschenrechtsgruppen ignorierten die Hintergründe, kritisiert das israelische Außenamt, und rät in einer Mitteilung, "die Kritik nicht gegen Israel, sondern gegen die Terrororganisation Hamas zu richten, die den Gazastreifen kontrolliert". Nach dem Abzug Israels aus dem Gazastreifen im Sommer 2005 intensivierten die extremistischen Milizen die Angriffe gegen Israel und den Waffenschmuggel via Ägypten. Aus der Hilflosigkeit der israelischen Regierung und Armee angesichts der andauernden Raketenbedrohung entstand der Vorschlag, die Versorgung für den Gazastreifen zu unterbrechen, wenn Israel von dort angegriffen wird. Verteidigungsminister Ehud Barak (Arbeitspartei) war es, der die Öllieferungen in den Gazastreifen so massiv kürzen ließ, dass es bis heute täglich zu Stromsperren in der Stadt Gaza kommt.

Der Bericht der Menschenrechtsorganisationen geht auf die marode Sicherheitslage und Israels "Verpflichtung, seine Bürger zu schützen" ein, dennoch müsse "die Besatzungsmacht den Menschen einen Zugang auf Nahrungsmittel, sauberes Wasser, Strom und medizinische Versorgung ermöglichen". Die aktuelle Lage sei von Menschen gemacht und vermeidbar.

Obwohl immer mehr internationale Hilfe den Gazastreifen erreicht, wächst die Armut. Die Spenden werden nicht in den Wiederaufbau und die Entwicklung gesteckt, sondern für das simple Überleben gebraucht. Ein Zusammenbruch der Wirtschaft, so hält der Bericht fest, sei nicht länger Zukunftsvision, sondern schon heute Realität. "3.500 von 3.900 Fabriken sind geschlossen." Im privaten Sektor sind "75.000 Arbeiter ohne Beschäftigung".

Grund für die Misere sind vor allem die geschlossenen Grenzen. Israel und die Palästinenser hatten sich Ende 2005 auf das "AMA" (Agreement of Movement and Access) geeinigt, mit dem der regelmäßige Waren- und Personenverkehr geregelt werden sollte. Dennoch hat seit vergangenem Juni nicht ein einziger Lastwagen den Gazastreifen verlassen. Geliefert wird das Nötigste an Nahrungsmitteln und Medikamenten, und auch das in viel zu kleinen Mengen. Das geringe Angebot lässt die Preise steigen. Schon um ein weiteres Absinken der wirtschaftlichen Abhängigkeit Gazas zu verhindern, müssten, so hält der Bericht fest, "täglich 600 bis 700 Lkw-Ladungen mit Importware" die Grenze überqueren und "400 mit Exportgütern".

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