piwik no script img

Ministeriumsbeirat kritisiert Schwarz-Gelb„Volkswirtschaftlich kontraproduktiv“

Schwarz-Gelb hat vererbte Unternehmen von der Erbschaftssteuer freigestellt. Nun kritisieren Wissenschaftler des Finanzministeriums die Verschonungsregelung.

Hat die Verschonungsregelung zuletzt ausgeweitet: Finanzminister Schäuble (CDU). Bild: dapd

BERLIN taz | Der Stoß geht mitten ins Herz der schwarz-gelben Erbschaftssteuerpolitik: In einem aktuellen Gutachten kritisiert der wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums, dass vererbte Unternehmenswerte von der Erbschaftssteuer ausgenommen bleiben können. Die sogenannte Verschonungsregelung, die Schwarz-Gelb zuletzt 2010 ausgeweitet hatte, sei volkswirtschaftlich kontraproduktiv, so die Experten. Sie fordern stattdessen, die Steuersätze allgemein zu senken.

Lisa Paus, grüne Obfrau im Finanzausschuss des Bundestags, sieht in der Kritik auch den Grund dafür, dass das Bundesfinanzministerium das Gutachten vom November erst jetzt und ohne weiteren Hinweis online gestellt hat. „Die Wissenschaftler ziehen dem Finanzminister den Argumentationszahn“, sagt Paus. Genehme Studien würden gleich getwittert. Das Finanzministerium nannte hingegen organisatorische Gründe für die Verzögerung und wollte sich zum Inhalt des Gutachtens noch nicht äußern.

Dass auf manche geerbten Unternehmenswerte im Gegensatz etwa zu Kapitalvermögen keine Steuern bezahlt werden müssen, war Teil der Erbschaftssteuerreform der großen Koalition 2008. FDP und CDU bauten die Regelung mit der Begründung aus, Unternehmenserben würden in andere Länder abwandern, wenn sie Steuern zahlen müssten. Außerdem schütze die Steuerbefreiung Arbeitsplätze, da sie an die Pflicht des Erben geknüpft ist, das Unternehmen einige Jahre weiterzuführen.

„Für beide Argumente gibt es kaum empirische Evidenz“, sagt Thiess Büttner, stellvertretender Vorsitzender des Beirats. Stattdessen hält das Gremium es für problematisch, wenn Unternehmen nur der Steuerbefreiung wegen in Familienbesitz bleiben. So würde Innovation gefährdet – dabei sicherte gerade sie Arbeitsplätze.

Die Gutachter sehen in der Verschonungsregel viele Möglichkeiten, Vermögen der Steuerpflicht zu entziehen. Das Problem: „Die Politik will einerseits mit hohen Steuersätzen eine Umverteilung von Vermögen signalisieren und gleichzeitig die Unternehmen schonen“, sagt Büttner. Das Erbschaftssteueraufkommen ist seit der Steuerreform von 2008 um elf Prozent auf 4,2 Milliarden Euro jährlich gesunken.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Y
    yberg

    also packe ich aktien,geldvermögen,immobilien,gold und sonstigen kram in einen gmbh mantel mit mir als beschäftigten und schon hab ich ein unternehmen,das unter die neue erbschaftssteuerregelung fällt.

     

    warum schanzen unsre politiker denjenigen ,die mehr als genug haben immer mehr zu.

     

    nicht der teufel scheißt auf den größten haufen,sondern die reichen mit politischer flankierung.

     

    verlogenes pack.

     

    leistung muß sich wieder lohnen