Ministerin unter Druck: Ilse Aigner, Dioxin-belastet
Die Agrarministerin gerät immer stärker unter Druck. Mit einem Aktionsplan will sie Lebensmittel künftig sicherer machen - und außerdem die eigene Haut retten.
Sie muss das jetzt unbedingt loswerden, sie sieht in sich keine schlechte Krisenmanagerin. Also fängt Ilse Aigner, CSU-Bundesagrarministerin, an, ihre Termine runterzurattern: "Montag habe ich ein erstes Konzept vorgelegt, Dienstag habe ich es im Bundestag vorgestellt, am Mittwoch dem Kabinett, heute haben wir einen detaillierten Aktionsplan." Es ist Freitag, Tag der Rechtfertigung.
Leidtragende der Dioxinfunde in Eiern und Fleisch sind mittlerweile nicht nur Verbraucher und Bauern, sondern auch Bundesagrarministerin Aigner. Sie sei "ungeaignert", kalauerte die Bild schon Anfang der Woche, ein "Totalausfall", ätzte Grünen-Chefin Renate Künast, ihre Partei forderte Aigners Rücktritt. Kanzlerin Angela Merkel soll auch nicht erfreut gewesen sein über ihre Ministerin. Nachdem zum Jahreswechsel die Lebensmittel-Schweinerei der schleswig-holsteinischen Firma Harles und Jentzsch öffentlich wurde, stellte sich Aigner recht schnell vor die Mikrofone und stellte Prüfaufträge an sich selbst.
Aber auch den Ländern weist sie Verantwortung zu, die für die Überwachung von Lebensmitteln und Futter zuständig sind, und fordert die Futtermittelwirtschaft auf, Vorschläge für Verbesserungen zu erarbeiten. Denn egal ob Rinderwahnsinn, das Spritzmittel Nitrofen in Bioprodukten oder eben Dioxin - viele Essenskrisen gehen vom Tierfutter aus. Nun sieht Aigner sich dem Vorwurf ausgesetzt, zu wenig Initiative gezeigt zu haben.
Am Freitag will Aigner das wettmachen. Sie stellt "meine zehn Vorschläge im Einzelnen" vor, betont immer wieder "ich", einmal erklärt sie - da geht es um Meldepflichten für Futtermischer - "die schicken Daten an den Bund, also an mich".
Dann liest sie zehn Punkte ab: Die Zulassung für Hersteller von Fetten fürs Tierfutter soll "an strenge Auflagen" geknüpft werden. Sie sollen Futterfette und Industriefette nicht mehr auf einem Firmengelände herstellen dürfen. Sie müssen "jede Futtermittelkomponente" testen und die Ergebnisse an die Behörden melden.
Privatlabore sollen auch Dioxinfunde melden müssen, Futterfirmen immer eine Haftpflichtversicherung abschließen. Aigner will prüfen, ob Futterpanscher stärker bestraft werden können. Sie will sich bei der EU für eine "Positivliste" einsetzen, die verbindlich vorschreibt, welche Stoffe ins Futter dürfen. Zudem soll das Dioxinmonitoring verstärkt und ein Frühwarnsystem aufgebaut werden.
Aigner will einen "Wettbewerb um die beste Kontrolle" und verspricht, dass Verbraucher erfahren werden, welche Lebensmittel schadstoffbelastet sind. "Ich bin jemand, der ordentlich abarbeitet", sagt sie. Sie habe sich "in der Vergangenheit intensiv für die Verbraucher eingesetzt und werde das auch in Zukunft tun".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen