Mini-Lady- und Mini-Macho-Look: Lang lebe der Matrosenanzug!
■ Der aktuelle Modetrend gibt in der Kindermode den Ton an: Die Kleinen sehen so gestylt aus wie die Großen
Es gibt sie immer noch: die Rüschenbabies in Hellblau und Rosarot und auch die Geschäfte mit den entsprechenden Accessoires. Weiß-gestärkte Mützchen, edle, niedliche Babykleidchen, rüschenverzierte Schühchen sind der ewige Hit unverbesserlicher Nostalgiker und gerührter Omas. Ansonsten gibt der aktuelle Modetrend den Ton in der Kindermode an — wie die Berliner Kindermodemesse Anfang September demonstrierte. Vom Baby bis zum Teenager werden Leggings, Boxershorts, Radler- und Caprihosen, Hawaii- Hemden und natürlich Jeans in allen Variationen getragen. Schon die Kleinen sehen wie die Erwachsenen aus.
Vorbei der Trend zum Uni-Sex. Die Mode für die Kids gibt sich geschlechtsbetont. Zwar signalisierten Rosa und Blau immer schon das Geschlecht des Nachkömmlings, doch mit solchen bescheidenen Nuancen gibt sich die Kindermode heute nicht mehr ab. Zum Mini-Macho in Jeans, Sweatshirt, Baseball-Mütze und Markenturnschuhen gesellt sich die Romantikerin mit blumigen Leggings und passendem Longshirt oder im engen Röckchen mit Folklorejäckchen. Knallige Farben sind out: dunkles Pastell für die Jungs und zartes für die Mädchen sowie klare Buntstiftfarben sind in.
Kombinationen und Themen sind der Hit. Die süße Kleine im Poesiealbum-Kitsch-bedruckten Body und dem schwarzen Zigeunerrock stolziert vampartig daher, während der Body mit Jeans kombiniert das mädchenhafte am Kind lolitahaft unterstreicht. Und natürlich dürfen Karos nicht fehlen. Ob Mailand, Paris oder München, Provinz oder Metropole, Europa oder Amerika: Die Designer der Welt verlieren sich ins Geo- Dessin der Karos. Warum sollte also Ihre Kleine nicht im rot-schwarz-gelb karierten Faltenröckchen oder Ihr Sohn in der blau-grün-roten Karohose, die obendrein zur dunkelblauen Wetterjacke paßt, daherkommen? Eine klargrüne Fliege dazu, und Ihr Sprößling macht auf jeder Kinderparty eine hervorragende Figur.
Neben allen modischen Attributen hält sich ein Klassiker der Kindermode: der Matrosenanzug. Mit enger Hose für die forschen Jungs und ausgestelltem Röckchen für die Mädchen bleibt er die beständige, immer wiederkehrende Uniform der Kindheit. So ausstaffiert ist der Nachwuchs zwar nicht unbedingt für den Kindergarten, aber auf jeden Fall fürs Fotoalbum gerüstet.
Die Kindermode, fast genauso teuer wie die Fummel der Erwachsenen, ist von Material und Schnitt überwiegend praktisch und bequem. Kein Wunder, denn „fast nur Frauen entwerfen die Modelle in der Kinderbranche“, erzählt Susanne Droll. In der Charlottenburger Sybelstraße verkauft sie in ihrem „pink“-Laden — Referenz an die Lieblingsfarbe aller Mädchen ab zwei Jahre — Geschneidertes und die dazu passenden Accessoires. Flotte Teddy-Kindermäntel pink-schwarz gepunktet, mit Muff und Mütze, Jacken mit Schal und Mütze, gefütterte Lackregenmäntel, Hosen und Kleidchen näht Droll mit zwei Schneiderinnen selbst. Frech, sportlich, praktisch und tragbar soll die Kindermode sein. Ihr beliebtestes Material: der Nickie. „Angenehm fürs Kind und bügelfrei für die Eltern.“ Neben dem allgemeinen Trend betont sie die regionalen Unterschiede in der Kindermode: „Berlin ist innovativ, sportlich und bunt; Hamburg nordlich unterkühlt, dunkelblau mit Blazer und Matrosenanzug, während München die Hochburg von Rüschchen und Chichi ist.“
Und wem der ganze Moderummel ums Kind zwischen Pastell, Leggings und Macho-Look überhaupt zuviel ist, sollte sich die Themen und Kombinationen selbst zusammenstellen. Besonders preisgünstig ist dies im Second-Hand-Laden für Kinder, wo sich die längst nicht abgetragenen Edelstücke der vergötterten Lieblinge wiederfinden. Und wenn's nicht der modische Boxershort ist, dann nehmen Sie eben die zeitlose Lederhose, in saftigem Grün für den Jungen und leuchtendem Rot für's Mädchen. Edith Kresta
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