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MindestlohnGeeinigt auf Nichteinigung

Seit dem letzten Koalitionsgipfel steht fest: kein Mindestlohn, keine Hungerlöhne, aber weites Entsendegesetz.

In der Gastronomie könnten Tarifverträge bald für allgemeinverbindlich erklärt werden Bild: dpa

BERLIN taz/dpa Beim letzten Koalitionsgipfel hat die Regierung einen kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden: Ein gesetzlicher flächendeckender Mindestlohn wird nicht eingeführt werden. Die Union ist grundsätzlich dagegen, weil aus ihrer Sicht die Lohnfindung in erster Linie Sache der Tarifvertragsparteien bleiben muss und nicht Aufgabe des Staates ist. Außerdem fürchtet die CDU in der Regierung die Vernichtung von Arbeitsplätzen im Niedriglohnbereich.

Stattdessen hat sich die Koalition darauf geeinigt, das Entsendegesetz für weitere Branchen zu öffnen. Das bedeutet: Nicht nur im Bauhandwerk und bei den Gebäudereinigern, sondern auch in anderen Branchen könnten künftig Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden. Somit wären auch ausländische Firmen daran gebunden. Im Fokus sind: die Gastronomie, der Einzelhandel, die Postdienste und das Friseurhandwerk. Voraussetzung ist, dass beide Tarifparteien einstimmig die Branchen vorschlagen. Dann werden die Mindestlöhne gesetzlich fixiert.

Beantragt nur eine Seite - etwa die Gewerkschaften - die Allgemeinverbindlichkeitserklärung, so muss ein von Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzter Tarifausschuss entscheiden. Kann sich der nicht einigen, ist die Regierung gefragt. Auf Vorschlag des Arbeitsministers soll das Kabinett über den Erlass einer Rechtsverordnung entscheiden.

Egal, über welchen Weg die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags erfolgen soll - sie kann nur beantragt werden, wenn mehr als 50 Prozent Beschäftigte einer Branche ohnehin schon einen Tarifvertrag haben.

Problem: Immer weniger Arbeitnehmer können sich auf Tarifverträge berufen, weil viele Firmen aus den Arbeitgeberverbänden ausgetreten sind und deshalb nicht an die Tarifpolitik gebunden sind. Zudem sind weniger Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert. Also: Auch das Entsendegesetz ist keine Lösung.

Um Hungerlöhne zu unterbinden, hat sich die Koalition auf eine Reaktivierung des Gesetzes über Mindestarbeitsbedingungen von 1952 verständigt. Es lässt eine Lohnfestsetzung durch Beschluss des Bundeskabinetts zu.

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