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INTERVIEW„Milosevic muß wieder an den Verhandlungstisch“

■ Joseph Liebermann zu einer möglichen militärischen Intervention in Ex-Jugoslawien und die Verantwortung der UNO

Joseph Liebermann, demokratischer Senator aus dem US-Bundesstaat Connecticut, ist einer der US-Senatoren, die sich für eine militärische Intervention unter US-Beteiligung in Bosnien-Herzegowina aussprechen. Er gehört zu den Befürwortern einer Resolution des außenpolitischen Ausschusses, in der gefordert wird, bei einer Intervention die Bürgerkriegsparteien in Bosnien-Herzegowina zu entwaffnen — ein Ansatz, der weit über die Sicherung humanitärer Hilfe hinausgeht.

taz: Welche Rolle sollten die USA Ihrer Meinung nach in diesem Konflikt spielen?

Liebermann: Die USA und die Internationale Völkergemeinschaft sind durch zweierlei herausgefordert. Erstens durch die serbische Aggressionspolitik, seit Jugoslawien auseinandergebrochen ist. Das unterscheidet die Situation ganz klar zum Beispiel von Somalia. Da bekriegen sich verschiedene Fraktionen, aber es gibt keine Kriegsmacht, die in andere Gebiete einmarschiert, wie es die Serben in Kroatien und Bosnien getan haben — und wie sie es im Kosovo und Mazedonien tun werden, wenn man sie nicht aufhält.

Zweitens durch die unglaublichen Grausamkeiten und die ersten Anzeichen eines Genozids an der muslimischen Bevölkerung. Wir haben das mit unseren eigenen Augen gesehen, wir können nicht mehr beanspruchen, nichts zu wissen. Wir sind also moralisch herausgefordert. Also müssen alle notwendigen Mittel ergriffen werden. Es geht hier nicht darum, einen Krieg zu gewinnen. Es geht darum, den Serben klarzumachen, daß die Welt eine solche Politik nicht duldet.

Aber wie? Für eine erfolgreiche Intervention internationaler Verbände wäre ein enormer militärischer Aufwand vonnöten. Allein zur Sicherung des Flughafens von Sarajevo, so schätzen Experten, bräuchte man zwei Divisionen.

Unser Ziel muß es sein, die serbische Aggression zu stoppen, nicht, einen Krieg zu gewinnen. Es geht darum, vorhandenes militärisches Potential intelligent einzusetzen. Margaret Thatcher hat entsprechende Schritte in einem Artikel in der New York Times dargelegt: Bombardierung von Brücken, über die die Serben in Bosnien ihren Nachschub aus Serbien beziehen; Luftangriffe auf serbische Depots — und, wenn es sein muß, auch auf militärische Stellungen in Serbien. Damit muß Slobodan Milosevic wieder an den Verhandlungstisch gezwungen werden. Interview: National Public Radio

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