Milliardenprojekt spaltet Sozis: SPD streitet über Stuttgart 21

Die Angst vor der Landtagswahl im März wächst: Innerhalb der SPD fordern immer mehr einen Baustopp des neuen Bahnhofs. Derweil gehen Abrissarbeiten und Demonstrationen weiter.

Der Protest hält an: Auch Gewerkschafter demonstrieren gegen das Projekt "Stuttgart 21" - das die SPD bislang offiziell unterstützt. Bild: ap

STUTTGART taz | Die CDU ist dafür und hält sich in diesen Tagen bedeckt. Die Grünen sind bei jeder Demo dabei. Nur die SPD, die weiß scheinbar nicht so recht, ob vor oder zurück bei der Debatte um das Milliardenprojekt "Stuttgart 21". Ein halbes Jahr vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg ist sie zerstritten. Obwohl es einen offiziellen Partei-Beschluss für den Bau des unterirdischen Bahnhofs gibt, werden kritische Stimmen lauter.

Zu ihnen gehören auch die beiden stellvertretenden Landesvorsitzenden, Leni Breymaier und Hilde Mattheis. "Diese Bewegung der Bürger sollte von der Politik beachtet werden", sagte Mattheis. Sie unterzeichnete deshalb mit Breymaier einen Appell, in dem sie einen Baustopp fordern, um offene Fragen zu klären. Und verlangen, dass die Verträge und alle Gutachten zu Stuttgart 21 offengelegt werden.

Der Stuttgarter Bahnhof soll für mehrere Milliarden Euro unter die Erde gelegt werden. Seit Wochen wächst der Protest dagegen. Dadurch steigere sich die Debatte in der SPD "massiv", sagte Mattheis. Aussagen von Parteikollegen, für Auseinandersetzungen sei es zu spät, weist sie zurück. "Das kann unseren Ansprüchen nicht genügen."

Unterdessen gingen sowohl die Abrissarbeiten als auch die Proteste am Bahnhof weiter. Am Freitag blockierten Demonstranten vorübergehend den Abtransport des Schutts vom bereits abgerissenen Teil des Nordflügels. In Anbetracht dieser Bilder befürchten einige Genossen bereits die große Abrechnung bei der Landtagswahl Anfang nächsten Jahres. Der Landtagskandidat Dejan Perc, der ebenfalls ein Moratorium fordert, sieht "eine schlechte Ausgangslage für alle Parteien, die sich gegen eine Bürgerbeteiligung aussprechen". Auf der Demo am Mittwoch sprach der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi gar eine Wahlempfehlung gegen seine Parteikollegen aus. "Ich werde keinen Kandidaten wählen, der sich für Stuttgart 21 ausgesprochen hat."

Dabei wäre erstmals eine rot-grüne Mehrheit seit fast 60 Jahren im Ländle möglich. Letzte Umfragen sahen die SPD mit 25 und die Grünen mit 20 Prozent vorn, während die Regierungsparteien CDU (40 Prozent) und FDP (7) in der Wählergunst gesunken sind.

Der SPD-Landesvorsitzende Nils Schmid schiebt die Verantwortung für eine Koalition dem möglichen Bündnispartner zu. "Mich hinterlässt das Vorgehen der Grünen etwas ratlos, weil ich nicht so recht weiß, wie sie nach der Wahl mit Stuttgart 21 umgehen wollen", sagte Schmid.

Er gehe davon aus, dass die Grünen nach der Wahl "einen Weg finden werden, die Realität anzuerkennen". Die Landesvorsitzende der Grünen, Silke Krebs, riet der SPD daraufhin zu klärenden Debatten in den eigenen Reihen.

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