Milliardenforderung an Argentinien: Die Geierfonds kreisen schon
Eine Ratingagentur stuft Argentinien herab, weil Hedgefonds einen Schuldenschnitt rückwirkend kippen könnten. Was heißt das für Griechenland?
BERLIN taz | Ein aufstrebendes Schwellenland steht scheinbar urplötzlich vor der Pleite. Ein Zahlungsausfall Argentiniens sei wahrscheinlich, meint jedenfalls die Ratingagentur Fitch und wertete die Kreditwürdigkeit des argentinischen Staates gleich um fünf Stufen ab – von der Note B auf CC.
Tatsächlich hatte Argentinien zeitweilig seine Schuldenzahlungen eingestellt. Allerdings ist das elf Jahre her. Nach langen Verhandlungen hatte sich die Regierung dann mit den Kreditgebern auf einen Schuldenschnitt geeinigt. Doch einige Gläubiger um den Hedgefonds-Milliardär Paul Singer weigerten sich, den beschlossenen Abschlag von 70 Prozent hinzunehmen.
Zwar hatten sie die argentinischen Staatsanleihen zum Höhepunkt der Krise zu einem Bruchteil ihres offiziellen Nominalwerts kaufen können. Dennoch wollen sie den vollen Nominalwert zurückgezahlt bekommen. Sie klagten vor einem US-Gericht – und bekamen recht.
Vor einer Woche urteilte ein New Yorker Richter, Argentinien müsse den Hedgefonds bis zum 15. Dezember 1,3 Milliarden US-Dollar zahlen. Und solange deren Forderungen nicht erfüllt seien, dürften auch andere Gläubiger keinen Cent bekommen. Damit wurden alle, die sich auf den Schuldenschnitt eingelassen hatten, quasi in Geiselhaftung genommen. Die argentinische Regierung legte umgehend Berufung ein. Wirtschaftsminister Hernán Lorenzino erklärte, seine Regierung halte es für „nicht legitim, Geierfonds auszuzahlen“.
Gläubiger könnten bis zu 11 Milliarden Dollar fordern
Die Ratingagentur Fitch geht nun davon aus, dass Argentinien die Forderungen nicht erfüllt, jedenfalls nicht fristgemäß. Und das sei, technisch gesehen, eben ein Zahlungsausfall.
Zudem droht weitere Unbill: Auch andere Anleger, darunter viele italienische Rentner, hatten dem Schuldenschnitt nicht zugestimmt. Sie könnten nun als Trittbrettfahrer ebenfalls darauf bestehen, ihr Geld voll zurückzubekommen. Bis zu 11 Milliarden Dollar Forderungen könnten so auf Argentinien zukommen, und das in einer Situation, in der die argentinische Finanzlage ohnehin nicht rosig ist, wie Fitch anmerkt.
Für Griechenland könnte das ein schlechtes Omen sein. Dort hatten sich im Frühjahr private Gläubiger, hauptsächlich Banken, mit der Rückzahlung von 46,5 Cent für jeden Euro Schulden zufrieden gegeben. Viele Beobachter gehen davon aus, dass das nicht der letzte Schuldenschnitt gewesen ist.
Seit einiger Zeit kaufen zahlreiche Hedgefonds, darunter offenbar auch Singer, günstig griechische Staatsanleihen auf. Eine Anleihe mit einem Nominalwert von 1.000 Euro bekommt man derzeit für rund 300 Euro; vor der Verabschiedung des jüngsten Hilfspakets war es noch deutlich weniger.
Womöglich bestehen die Hedgefonds im Fall Griechenlands genau wie bei Argentinien irgendwann auf der Rückzahlung des vollen Nominalwerts. Die griechische Regierung hat versucht, sich mit einem eigenen Gesetz gegen eine solche Attacke abzusichern, doch ist unklar, ob sie damit international durchkäme.
Leser*innenkommentare
SunJohann
Gast
Das ist eine unglaubliche Frechheit! Der Staat verschuldet sich, anschließend legt der Staat fest, ob er seine Schuld tilgen will, und wenn, dann zu seinen Bedingungen. Er entscheidet als Rechtsbrecher, ob und wie viel er zurückzahlen möchte Und der Kreditgeber, der Gläubiger steht am Pranger. Unglaublich! Argentinien hat sich selber verschuldet. Und sie haben rechtswidrig einseitig die Zahlungen eingestellt und willkürlich einen Schuldenschnitt vorgenommen. Danach haben Sie die Gläubiger erpreßt. Nehmt das Angebot an oder ihr bekommt gar nichts. Die Gläubiger haben Ansprüche. Argentinien ist Verpflichtungen eingegangen, und diese werden nun eingefordert. Sich jetzt hinzustellen und ein amerikanisches Gericht "anzugreifen", weil daß nichts weiter fordert, als daß Argentinien seine Zusagen erfüllt, ist eine absolute, nicht hinnehmbare Frechheit.
korn
Gast
Man kann es nicht häufig genug sagen.
Griechenland sollte Insovenz anmelden
und Europa die Hedgefonds und Staatsfonds aus der Staatenfinanzierung ausschließen!!!!
Sonst bekommen die Amis irgendwann die Möglichkeit
jedes Land Europas für die Schulden Griechenlands
ausnehmen und plündern zu dürfen.
Nur wenn der EURO als Ganzes unwiderruflich
abgeschafft wird, haben auch endlich
diese verdammten Hedgefonds verloren,
was sie natürlich nicht daran hindern wird
über Drogengelder neue Schattenbanken aufzubauen.
Hedgefonds sind demokratische legitimierte
Wirtschaftsinstitutionen. Greenspan führte
diese diktatorisch ein.
dorian
Gast
Argentien sollte aus Protest vor diesem
Urteil aus sämtlichen
wirtschaftlichen Verträgen mit der USA
austreten und eineabsolute
Finanzhoheit über Wirtschaftsfragen alleinig
in Argentinien ansiedeln!
Ein Land muss Pleite gehen dürfen, genau
wie ein Unternehmer und Privathaushalt auch.
Alles andere ist Versklavung.
Die USA werden in diesem Punkt dreist,
denn sie gestalten und beeinflussen
dieses Hedgefondssystem federführend mit
der Zustimmung der politischen Kreise.
Diese sind letzlich eine illegitime Wirtschaftswaffe
mit illegitimen Sonderrechten zum Kauf von Firmen,
welche anschließend ihren eigenen Kaufpreis
abstottern müssen.
Für die Dummheit der Spekulanten dürfen
nicht die Schuldner über das gebührliche
Mass hinaus belastet werden.
Hedgefonds als juristische Person gehören
in der EU abgeschafft!!!
Alle dort generierten Vermögen sind
nicht durch die realwirtschaftlichen
Warenströme stichhaltig begründet.
Wenn die USA das durchziehen, dann ist
der Bankenstandort USA nicht sicher.
otton
Gast
Argentinien ist nicht wie Griechenland in Europa, und heute ziemlich wirtschaftlich unabhaengig von USA und Europa. Zumindest entsteht damit noch weitere Bestrebung fuer eine gemeinsame geopolitische Unabhaengigkeit der Nationen Suedamerikas.