■ Mit Krediten für Rußland auf du und du: Milliarden statt Zölle
Washington/Moskau (dpa/ taz) – Eigentlich hatte die russische Regierung die Zölle für viele Importgüter massiv erhöhen wollen, um die Reste des russischen Sozialstaats weiter zu finanzieren. Doch nach massivem Druck von Internationalem Währungsfonds (IWF) und westlichen Industrienationen hat die Regierung auf den größten Teil der neuen Zölle verzichtet.
Rußland bekommt dafür einen neuen Kredit über 10,1 Milliarden Dollar (rund 15 Mrd. Mark) mit einer Laufzeit von drei Jahren. Die erste Rate von 340 Millionen Dollar soll möglicherweise schon im März ausgezahlt werde. Eine Milliarde Dollar würden noch vor der Präsidentschaftswahl im Juni nach Rußland fließen. Nach verschiedenen Umfragen sind die Chancen von Präsident Boris Jelzin in den vergangenen Wochen deutlich gestiegen. Jelzin hatte sich als Garant westlicher Wirtschaftshilfe porträtiert.
Rußlands Erster Vizeregierungschef, Wladimir Kadannikow, bewertete die Gewährung des Kredits gestern als Zeichen für gestiegenes Vertrauen in die russische Wirtschaftspolitik. „Die Vergabe eines solch großen Kredits einer so renommierten Organisation öffnet den Weg für einen noch breiteren Zufluß von Investitionen nach Rußland, darunter auch privaten“, sagte Kadannikow.
Mit Hilfe des Kredits soll ein anhaltendes Wirtschaftswachstum mit einer Inflation erreicht werden, die unter 10 Prozent liegt, hieß es beim IWF. Die Einhaltung der Wirtschaftsreformen werde zunächst monatlich, ab 1997 vierteljährlich vom Währungsfonds verfolgt.
Grundlage des Kredits sei ein „sehr ehrgeiziger“ Reformplan der russischen Regierung, sagt der IWF. Unter anderem sollen Energiesteuern erhöht und Steuerschlupflöcher russischer Großunternehmen gestopft werden. Diese Politik Moskaus müßte auch von der internationalen Gemeinschaft honoriert werden. Nach der Vergabe dieses bislang höchsten IWF-Kredits für Rußland werde jetzt auch eine umfassende Umschuldung der Kredite Rußlands durch internationale Kreditgeber erwartet. ten
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