Militär-Meuterei auf Philippinen: Hotel mit Aufständischen gestürmt
Dutzende Soldaten sind in Manila mit einem Putschversuch von Grund auf gescheitert: Sie verschanzten sich in einem Hotel. Die Armee setzte Tränengas ein.
Solche Szenen haben sich im pompösen Foyer des Peninsula Hotels in Manilas Geschäftsviertel Makati noch nie abgespielt: Um 17.50 Uhr Ortszeit torkelten um Luft ringende und weiße Tücher schwenkende Journalisten über zerbrochene Weihnachtsdekoration zum Ausgang und verschwanden hinter schwer bewaffneten Soldaten. Die hatten Tränengas geschossen. Die Flucht der Medien aus dem Hotel markierte das Ende eines Aufstands gegen die Regierung von Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo, der letztlich keiner war.
Dabei hatten die paar dutzend Möchtegern-Meuterer, die sich knapp sechs Stunden in der Edelherberge verschanzt hatten, prominente Führer. General Danilo Lim, der bereits im Februar einen geplatzten Militäraufstand gegen Arroyo angezettelt hat, und Senator und Exleutnant Antonio Trillanes, der 2003 eine Meuterei angeführt hatte und im Mai sensationell mit 11 Millionen Stimmen zum Senator gewählt wurde. Den Senat hat der 36-Jährige freilich noch nie betreten. Er sitzt seit 2003 im Knast.
Zumindest ein Coup gelang dem Duo gestern: Frech marschierten sie einfach aus dem Gerichtsgebäude in Makati, in dem sie beide aussagen sollten. Kein Schuss fiel, kein Soldat leistete den Unbewaffneten Widerstand. Anwohner und Büroangestellte staunten, als die beiden Staatsfeinde gelassen die Makati Avenue entlanggingen und zum Mitmachen einluden.
Das war offenbar von langer Hand geplant. Sofort war eine Website online, mit der die Meuterer Werbung machten. Und etliche Bewacher von Lim und Trillanes zogen sich die Binde über den Arm, mit der sich schon 2003 die Meuterer gekennzeichnet hatten. Die Übrigen tappten verblüfft nebenher, offenbar überfordert mit der Situation. Auch der frühere Vizepräsident Teofisto Guingona war zur Stelle, sicher kein Zufall.
Gezielt wurde das prominent gelegene Hotel angesteuert, das Sicherheitspersonal überrannt und den herbeieilenden Medien diktiert: "Wir rufen Militär und Bevölkerung der Philippinen zum Putsch gegen die Regierung auf." Ein gelungener Streich, aber eben noch kein Staatsstreich. Denn in den folgenden Stunden, in dem Hotelgäste und -personal das Gebäude verlassen konnten, passierte nichts. Die erhoffte Unterstützung blieb aus. Weder Soldaten noch Bewohner Manilas folgten dem Aufruf der Wiederholungstäter Lim und Trillanes. Und das, obgleich die Popularitätskurve der seit sieben Jahren amtierenden Präsidentin stetig sinkt und ihre korruptionsgeplagte Regierung längst jeden Kredit im Volk verspielt hat.
Es müssen bittere Stunden gewesen sein für den General und den Senator, in denen sie erkennen mussten, dass ihr Aufruf zur Revolution erneut in einer Mischung aus Resignation, Ungläubigkeit und Desinteresse verpuffte. Die Massen, die 1986 gegen den Diktator Ferdinand Marcos oder 2001 gegen den korrupten Präsidenten Joseph Estrada auf die Straße gingen, sind offenbar nicht mehr zu mobilisieren. Die gängige Meinung im Inselstaat, in dem 40 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben, scheint zu sein: "Egal wer uns regiert, uns geht es immer schlecht." In der Tat profitieren von den positiven Wirtschaftsdaten der Arroyo-Regierung vor allem die Reichen. Die Armen kämpfen mehr denn je ums Überleben. Die Preise, vor allem für Lebensmittel, Gas und Benzin, sind stark gestiegen.
Nach stundenlanger Belagerung durch schwer bewaffnete Spezialeinheiten gaben die Meuterer auf, um Blutvergießen zu vermeiden. General Lim gab sich dennoch kämpferisch: "Die Sache hier ist noch nicht zu Ende." Präsidentin Arroyo verhängte eine Ausgangssperre.
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