: Milde für Kölner Flüchtlingspfarrer
■ Kölner Gericht spricht zwei Pfarrer von Beihilfe für einen abgelehnten Asylbewerber frei. Auch Ankläger lenkte ein
Köln (taz) – Das bundesweit erste Verfahren gegen zwei evangelische Pfarrer wegen „Beihilfe“ zum illegalen Aufenthalt eines abgelehnten Asylbewerbers endete gestern vor dem Kölner Amtsgericht mit einem Freispruch. Selbst Staatsanwalt Linke hatte dafür in seinem Schlußwort plädiert. Schließlich sei nicht nachgewiesen worden, daß die Angeklagten den aus Mazedonien stammenden 20jährigen Seko D. untergebracht und verpflegt hätten.
Dem schloß sich Amtsrichter Heinz-Gerd Neu nach gut einstündiger Verhandlungsdauer an. Angesichts der Beweislage gebe es für das Gericht „gar keinen Grund, sich über Kirchenasyl überhaupt zu unterhalten“. Seko D. war Anfang des Jahres bei den Pfarrern Hans Mörter und Rolf Domning von der Kölner Martin-Luther- Gemeinde aufgetaucht. Man habe ihm – wie vielen anderen Hilfesuchenden zuvor auch – Hilfe angeboten, schilderte Pfarrer Mörter die Begegnung. Seko D. habe aber weder in der Kirche noch im Gemeindezentrum gelebt.
Wenig später griff die Polizei den Mazedonier auf. Nach dem nicht unterzeichneten Vernehmungsprotokoll soll Seko D., dessen Asylantrag 1994 rechtskräftig abgelehnt worden war, ausgesagt haben, er sei „in der Kirche“ untergebracht gewesen. Daraufhin erstattete die Polizei Anzeige gegen die Pfarrer. Während vergleichbare Verfahren in der Republik bisher von den Staatsanwälten eingestellt wurden, gaben die Kölner Ankläger diesmal keine Ruhe. Über die Motive rätseln nicht nur die Freigesprochenen. Erik Gutheil, Personaldezernent der Evangelischen Kirche im Rheinland und zugleich in der Kirchenleitung zuständig für Flüchtlingsfragen, vermutet, daß es den Kölner Anklägern darum gegangen sei, „zwei Pfarrer einzuschüchtern“. Die Martin-Luther-Gemeinde gewährt seit drei Jahren einer Roma- Familie Kirchenasyl. Die Verteidiger der Pfarrer werteten das Vorgehen der Staatsanwaltschaft als „Versuch“, die Unterstützung von Flüchtlingen durch Kirchengemeinden „in die Nähe von Schlepperbanden“ zu rücken.
Pfarrer Mörter hofft nun, daß das Urteil künftig „beispielgebend für den Umgang der Justiz mit dem wirklichen Kirchenasyl wird“. Nach Angaben der ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft „Asyl in der Kirche“ sind in der Vergangenheit in 70 Prozent der Kirchenasylgewährungen Abschiebungen gerichtlich untersagt oder aus humanitären Gründen ausgesetzt worden. Damit seien durch die Gemeinden „rechtswidrige oder mit inhumanen Härten verbundene Abschiebungen“ verhindert und schutzbedürftige Flüchtlinge vor Verfolgung gerettet worden. Walter Jakobs
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen