: Milde Strafen im Potsdamer Skin-Prozeß
■ Schwere Körperverletzung – aber günstige Sozialprognose für die Täter
Potsdam (dpa) – Vier Schläger aus der Skinhead-Szene sind am Montag vom Potsdamer Landgericht zu Freiheitsstrafen von eineinhalb bis zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Die Jugendkammer sah es als erwiesen an, daß die 18 bis 24 Jahre alten Angeklagten im September 1991 eine Gaststätte bei Königs Wusterhausen überfallen, drei Gäste mit Baseballschlägern zum Teil schwer verletzt und einen Sachschaden von 9.000 Mark angerichtet hatten. Zwei weitere Angeklagte im Alter von 20 und 23 Jahren sprach die Jugendkammer aus Mangel an Beweisen frei.
Das Gericht blieb in seinem Urteil hinter der Forderung der Staatsanwaltschaft zurück, die für alle Angeklagten Jugend- oder Haftstrafen von eineinhalb bis zweieinhalb Jahren ohne Bewährung gefordert hatte. Die lange Dauer und Fehler bei den Ermittlungen, die sich rund zweieinhalb Jahre hingezogen hatten, seien strafmildernd berücksichtigt worden, sagte der Vorsitzende Richter Klaus Przybilla bei der Urteilsverkündung. Zudem würden es die günstigen Sozialprognosen, die den Tätern gestellt wurden, erlauben, die Strafen zwei bis drei Jahre zur Bewährung auszusetzen. Die vier Verurteilten müssen außerdem Bußgelder in Höhe von 1.500 bis 2.500 Mark an soziale Einrichtungen zahlen.
Bei ihrem Urteil stützte sich die Jugendkammer vor allem auf die Aussage der 21jährigen Hauptzeugin der Anklage, die damals zum Freundeskreis der Angeklagten gehörte und bei dem Überfall dabei war. Die Angeklagten hatten vor Gericht jede Tatbeteiligung bestritten. Przybilla betonte, das Gericht halte die 21jährige Belastungszeugin für glaubwürdig. Ihre Angaben waren während des Prozesses von anderen Zeugen aus der örtlichen Jugendszene angezweifelt worden.
Von den ursprünglich zehn Beschuldigten in diesem Verfahren saßen am letzten Prozeßtag noch sechs auf der Anklagebank. Drei der Jugendlichen waren nicht mehr zur Verhandlung erschienen. Sie müssen sich Ende Februar gemeinsam mit weiteren 12 Verdächtigen, die ebenfalls an dem Überfall beteiligt gewesen sein sollen, in einem gesonderten Verfahren erneut verantworten.
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