Milchgipfel für wirksame Milchquote in Berlin: Seehofer will weniger Milch
Die Produzentenpreise für Milch sollen steigen - darin sind sich alle Teilnehmer des Milchgipfels einig. Bei dem "wie" aber scheiden sich die Geister.
Bundesagrarminister Horst Seehofer hat beim Milchgipfel angekündigt, sich für zentrale Forderungen der Bauern einzusetzen. Der CSU-Politiker wolle im Bundesrat rechtliche Änderungen zur Reduzierung der Milchmenge auf dem Markt beantragen, erfuhr die taz aus Teilnehmerkreisen. Zudem habe Seehofer zugesichert, in Brüssel für langfristige Subventionen zu kämpfen.
"Wenn er das durchsetzt, wäre das ein Schritt nach vorne, aber es ist alles sehr unverbindlich", erklärte Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (AbL).
Anlass des Treffens war ein zehntägiger Streik von Milchbauern vor zwei Monaten, zu dem der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) aufgerufen hatte. Zehntausende Landwirte kippten damals die Milch auf Felder oder in den Ausguss, anstatt sie den Molkereien zu liefern. Sie wollen eine Erhöhung des Preises für die Bauern auf 43 Cent je Liter durchsetzen. Derzeit liegt er laut BDM im Schnitt bei 30 bis 32 Cent - und damit unter den Herstellungskosten. Daran habe sich trotz geringer Erhöhungen nach dem Boykott nichts geändert.
Seehofer will den Bundesrat dazu bringen, den Umrechnungsfaktor zu erhöhen. Dieser bestimmt, wie viel Liter Milch die Bauern liefern müssen, um die Obergrenze (Quote) zu erfüllen, welche die EU in Kilogramm festlegt. Laut BDM ist der Faktor in Deutschland zu niedrig, so dass viele einzelne Bauern mehr Milch liefern als von der EU erlaubt. Würde er auf europäisches Niveau angehoben, würde automatisch weniger Milch hergestellt.
Außerdem sicherte Seehofer zu, ein Schlupfloch bei der Quotenberechnung zu schließen: die "Molkereisaldierung". Bauern einer Molkerei soll es verboten werden, nicht ausgeschöpfte Milchquoten an andere Betriebe weiterzugeben. Auch das würde dazu führen, dass weniger Milch produziert wird - vorausgesetzt, der Bundesrat stimmt zu. Auch die bundesweite Verrechnung will der Minister einschränken. Dazu braucht er aber nach eigenen Worten das Okay aus Brüssel.
Weiterhin versprach Seehofer, sich für einen Milchfonds der Europäischen Union einzusetzen. Er soll den Schaden für die Bauern mindern, wenn 2015 wie geplant die Quote wegfällt. Dann dürften alle Landwirte so viel produzieren, wie sie wollen. Damit könnte noch mehr Milch auf den Markt kommen und der Preis fallen. Die allein für Deutschland fälligen 285 bis 380 Millionen Euro pro Jahr soll die EU nach Seehofers Willen zusätzlich lockermachen. Mit dem Geld würden die Bauern zum Beispiel effizientere und größere Ställe bauen, um wettbewerbsfähiger zu werden. Betriebe in benachteiligten Regionen - etwa im Mittelgebirge mit seinen sehr kleinen Höfen - sollen mehr Subventionen als bisher bekommen. Schließlich muss die EU Seehofer zufolge unterstützen, dass Molkereien enger zusammenarbeiten oder fusionieren. So sollen sie bei Preisverhandlungen etwa mit Discountern eine stärkere Position haben.
Sowohl der Deutsche Bauernverband als auch der BDM begrüßten laut Graefe zu Baringdorf, dass Seehofer einen Teil ihrer Forderungen übernehme. "Aber es kommt erstmal nichts für die Bauern heraus", sagte der Chef der bäuerlichen Landwirte. "Seehofer hat immer Instanzen dazwischen, auf die er später die Schuld schieben kann, wenn sich seine Ziele nicht verwirklichen lassen: den Bundesrat oder die EU." Graefe kritisierte zudem erneut die von Seehofer gewollte Konzentration bei den Molkereien. "Das schwächt die Bauern", erklärte er.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!