Migration: Sie sind keine Ausländer mehr
Der Türkische Bund Berlin (TBB) hat einen neuen Vorstand: Eine neue Generation übernimmt.
Der neue ist der alte – dabei ist „alt“ das falsche Wort: Serdar Yazar, 31, Politologe, ist seit Dienstag Vorstandssprecher des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg (TBB), eines der größten und wichtigsten Migranten-Dachverbände Berlins. Es ist eine Wiederwahl, denn das Amt hatte Yazar schon bis Anfang Januar inne. Dann übernahm er die TBB-Geschäftsführung – denn deren langjähriger Inhaber Kenan Kolat hatte aufgehört, als seine Ehefrau Dilek Kolat (SPD) Integrationssenatorin geworden war.
Er könne im ehrenamtlichen Vorstand mehr inhaltlichen Einfluss auf die Arbeit des TBB nehmen als in der angestellten Funktion des Geschäftsführers, begründet Yazar den Rück-Wechsel. „Antidiskriminierung, Rassismus, Homophobie“ sind die Themenschwerpunkte, die er setzen will. Der gebürtige Berliner teilt sich das Sprecheramt mit zwei weiteren Mitgliedern des elfköpfigen TBB-Vorstands: der Geschäftsführerin eines Bildungsträgers Ayse Demir (42) und dem Naturwissenschaftler Ilker Duyan aus der ersten Generation türkeistämmiger Einwanderer.
Die Generationenmischung ist gewollt. Bei der Vorstandswahl durch die TBB-Mitglieder – über 30 Vereine und 75 Einzelpersonen – am Wochenende hatte es einen Wachwechsel gegeben: Neun von elf Vorstandsmitglieder gehören der zweiten und dritten Einwanderergeneration an, sieben sind unter 40. „Verjüngung“ sei wichtig, sagt Yazar, abrupt solle die Erneuerung aber auch nicht sein: „Gut ist eine heterogene Zusammensetzung von Alter und Lebenserfahrung.“
Die Verjüngung des vor über 30 Jahren gegründeten Verbands drückt sich auch in Satzungsänderungen aus, die bei den Vorstandswahlen beschlossen wurden. Der sperrige Begriff „türkeistämmig“ ersetzt „türkischstämmig“: eine sprachliche Akzeptanz der ethnischen Vielfalt von Einwandern aus der Türkei. Und statt von „Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit“ oder „Minderheitenrechten“ ist in der Satzung nun von „Rassismus und Diskriminierung“ und „Partizipation“ die Rede: Die alten Begriffe seien „überholt und an sich schon diskriminierend“, so Yazar, „wir sind längst keine Ausländer mehr.“
Zeitgemäßer will der TBB auch agieren: „Wir betrachten die Dinge aus der Menschenrechtsperspektive heraus“, sagt Serdar Yazar, „etwa die Unterschiedlichkeit von Lebensentwürfen.“ Ein „Verband von türkeistämmigen AkteurInnen, die sich für Minderheitenrechte einsetzen, und das nicht nur aus der eigenen Betroffenheit heraus“ – so sieht er den TBB künftig.
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